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Das österreichische Wirtschaftswachstum wird im nächsten Jahr so schlecht ausfallen wie seit acht Jahren nicht mehr. Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und Institut für Höhere Studien (IHS) erwarten in ihrer am Freitag veröffentlichten Prognose für 2012 nur mehr 0,8 bzw. 1,3 Prozent reales Wirtschaftswachstum. Dies entspricht im Vergleich zur letzten Prognose vor drei Monaten etwa einer Halbierung (Sommerprognose bei 1,8 bzw. 2,1 Prozent respektive).

Die Erwartungen für heuer wurden nicht zurückgenommen. Das Wifo sieht weiterhin einen Zuwachs von 2,9 Prozent, das IHS einen von 3,0 Prozent. Gegen Jahresende 2011 sollte sich das Wachstum aber deutlich verringern. Zum Vergleich: Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für heuer mit 3,3 Prozent und für 2012 mit 1,6 Prozent Wachstum.

Optimistische Annahmen

Die prognostizierten Wifo/IHS-Zahlen wären mit Ausnahme des Krisenjahres 2009 (-3,9 Prozent) die schlechtesten Jahreswerte seit 2004, als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nur um 0,8 Prozent gewachsen war. Dabei steht die aktuelle Vorhersage eher unter optimistischen Annahmen. Sie gilt - wie das Wifo schreibt - für den Fall, dass es keine Staatsbankrotte in der Eurozone gibt, dass die gemeinsame Währung in ihrer derzeitigen Form fortbesteht, dass die Zinsen für die Staatsschulden nicht deutlich ansteigen und dass es keinen weiteren Aktienkursverfall gibt.

Nach Meinung der Wirtschaftsforscher wird die Weltwirtschaft 2012 langsamer expandieren als bisher erwartet und dadurch die österreichischen Exporte in Mitleidenschaft ziehen. Eine Erholung der österreichischen Investitionskonjunktur, die erst vor kurzem eingesetzt hat, "bricht früh ab", schreibt das Wifo.

Arbeitslosigkeit wird steigen

"Mit der Unterbrechung der Konjunkturerholung verlangsamt sich das Beschäftigungswachstum und die Arbeitslosigkeit steigt wieder", heißt es.Konkret rechnet das Wifo 2012 mit einer höheren ("nationalen") Arbeitslosenquote von 7,0 Prozent. Das IHS rechnet mit 6,9 Prozent Arbeitslosigkeit nach 6,7 Prozent im heurigen Jahr.

Der österreichische Arbeitsmarkt habe sich 2011 gut erholt, schreibt das IHS. Weil sich die Beschäftigungsdynamik wegen der Konjunktur verlangsame und das Arbeitskräfteangebot steige, "rechnet das Institut mit einem Anstieg bei den vorgemerkten Arbeitslosen um 7.000 Personen".

Dagegen wird wegen der schlechteren Konjunktur ein "deutlicher Dämpfer" für die Inflationsraten gesehen. Während die Verbraucherpreise heuer um 3,1 (3,2) Prozent höher liegen sollen, soll die Inflationsrate laut Wifo und IHS auf 2,1 Prozent absinken.

Defizitabbau wird stagnieren

Der Defizitabbau wird nach Meinung des Wifo im nächsten Jahr bei 3,1 Prozent stagnieren. Die deutliche Abschwächung der Wirtschaftsentwicklung wird 2012 die öffentlichen Einnahmen dämpfen und automatisch Mehrausgaben erfordern. Nur unter positiven Grundannahmen (keine Griechenland- und Banken-Pleiten) "können und sollen die von der Bundesregierung unternommenen Konsolidierungsbemühungen wie geplant fortgeführt werden". Die durch die automatischen Stabilisatoren (z.B. mehr Arbeitslosengelder) herbeigeführten Budgetverschlechterungen sollten in Kauf genommen werden. Das IHS gibt sich beim Defizit für 2012 etwas optimistischer und erwartet ein Maastricht-Minus von 2,8 nach 3,1 Prozent im heurigen Jahr.

WKÖ und AK für konjunkturstützende Maßnahmen

Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer fordern nun von der Regierung konjunkturstützende Maßnahmen. WKÖ-Präsident Christoph Leitl verweist auf drei Handlungsfelder, mit denen den schwächeren Wirtschaftserwartungen schon jetzt rasch gegengesteuert werde. So sollen in den nächsten beiden Jahren 35 Millionen Euro in die Exportförderung gepumpt und durch die Internationalisierungs-Offensive 2.000 neue Exporteure gewonnen werden. Eine weitere Unterstützungsmaßnahme sieht Leitl im mit dem bayrischen Wirtschaftsminister Martin Zeil unterzeichneten Technologieabkommen zwischen dem Freistaat Bayern - dem größten Handelspartner - und Österreich. Und nicht zuletzt müsse sichergestellt werden, dass die KMU auch in Zukunft ausreichend Zugang zum Kapitalmarkt und Krediten haben. Leitl fordert überdies die Einführung der GmbH light und Maßnahmen zur Ankurbelung der lahmenden Investitionen. "Da müssen wir den Betrieben Österreichs den Rücken stärken", so Leitl.

Reallohnzuwächse und Steuerstopp

Tumpel spricht sich für eine Stärkung der Kaufkraft durch "merkliche Reallohnzuwächse", eine attraktive Arbeitsmarktpolitik und Strukturverbesserungen beim Budget in Hinblick auf die Ausweitung von beschäftigungswirksamen Ausgaben aus. Gleichzeitig müsste die Besteuerung von Vermögensbeständen und -einkommen deutlich erhöht werden.

Die Regierung müsse dringend etwas für Binnenkonsum, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzsicherung tun, fordert WKÖ-Vize Amann. Auch Struktur- und Verwaltungsreformen seien überfällig. Ein neues Konjunkturpaket werde benötigt - mit "Steuerstopp, Gebührenstopp, Inflationsstopp". (APA)