FP-Parteichef Heinz Christian Strache besucht den Vortrag von Thilo Sarrazin.

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Sarrazin sorgte für Protest, Samba-Klänge, Polizeieinsatz.

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Graz - "Sarrazin und Bauernbund sprechen nicht mit Volkes Mund" stand auf einer der roten Tafeln, mit denen eine Gruppe von knapp hundert Demonstranten am Stadtrand von Graz vor der Seifenfabrik am Donnerstag auf Thilo Sarrazin wartete. Eine Samba-Truppe trommelte dazu und das angekündigte "Einseifen" Sarrazins belief sich auf ein paar aufsteigende Seifenblasen.

Abgeschirmt wurden die Protestierenden von gleich viel Polizisten, die dafür sorgten, dass Autos von rund 700 geladenen Gästen zur Halle durch kamen, wo der wegen seiner als rassistisch kritisierten Migrationsthesen pensionierte SPD-Politiker Sarrazin erstmals in Österreich auftrat. Obwohl Bauernbund-Chef Fritz Grillitsch (ÖVP) zu diesem Abend geladen hatte waren unter den Besuchern auffällig wenig ÖVP-Funktionäre. Der steirische VP-Chef Hermann Schützenhöfer fehlte ebenso wie die gesamte Landesregierung und der Grazer VP-Bürgermeister Siegfried Nagl. Gekommen waren nur die Nationalratsabgeordneten Martin Bartenstein und Werner Amon sowie Ex-Minister Josef Riegler.

Dafür war die FPÖ mit Parteichef Heinz-Christian Strache, Generalsekretär Herbert Kickl sowie dem steirischen FP-Chef Gerhard Kurzmann und dem Grazer FP-Stadtrat Mario Eustacchio stark vertreten. Strache lobte gegenüber dem STANDARD das Buch "Deutschland schafft sich ab" Thilo Sarrazins, und betonte "dass auch jüdische und amerikanische Wissenschafter" Studien "über Gene von bestimmten Völkern" erstellt hätten. Er sei von "Grazer Bürgern, die mir Karten zur Verfügung gestellt haben", zum Vortrag eingeladen worden.

Er wolle, dass man über die Thesen Sarrazins diskutiere, rief wenig später Fritz Grillitsch ungewöhnlich emotional in einer nach Wahlkampf klingenden Rede in den Saal. "Auch mit denen, die da draußen demonstrieren", setzte Grillitsch nach. Doch diese blieben ausgesperrt. Der 66-jährige Sarrazin erzählte dann davon, wie er als Ex-Banker dazu kam, jenes Buch zu schreiben, das mit seinen Thesen über Migranten fast zu seinem Ausschluss aus der SPD geführt hatte: Er habe mit seiner Sekretärin "Zeitungsartikel ausgeschnitten und Statistiken gewälzt". Von Statistiken gab es dann auch jede Menge in seiner Rede, in der Frauen ausschließlich als "Gebärende" vorkamen oder von Gastarbeitern die Rede war, die mittlerweile "im deutschen Volkskörper" aufgegangen seien.

Als Sarrazin am Ende war, waren die Demonstranten längst zum "interkulturellen Volxfest" von KPÖ, VSStÖ und Sozialistischer Linkspartei auf den Hauptplatz gezogen. Auch dort hatten rund 250 Menschen friedlich gegen den Auftritt Sarrazins protestiert. Gegen 19.00 Uhr war der Platz aber wieder leer. Demo-Organisatoren lobten die "deeskalierende Polizei". (Colette M. Schmidt, DER STANDARD; Printausgabe, 30.9.2011)