Graz - Aktuelle molekularbiologische Erkenntnisse an der Medizinischen Universität Graz eröffnen neue Behandlungsoption für Menschen, die vom Herzinfarkt oder Schlaganfall bedroht sind: Die Gruppe um Gerhard Kostner vom Institut für Molekularbiologie und Biochemie entdeckte, dass die Konzentration einer der wichtigsten Transportvehikel der Blutfette, das Lipoprotein(a), durch den Gallensäurerezeptor FXR gesenkt wird.

Lipoproteine sind spezielle Eiweiße, die Blutfette umschließen und transportieren können. Lipoprotein(a) ist ein Eiweißkörper, der ähnlich wie das Low Density Lipoprotein (LDL) das Cholesterin im Blut transportiert. Es kann entzündliche Prozesse in den Blutgefäßen hervorrufen und Ablagerungen an den Gefäßwänden (Plaques) destabilisieren. In großangelegten epidemiologischen Studien hätte sich die erhöhte Lp(a)-Konzentration als der signifikanteste Risikofaktor für koronare Herzerkrankungen erwiesen, hieß es in der Mitteilung der Med-Uni Graz am Donnerstag.

Gallensäure gegen Lipoprotein(a)

Die Entwicklung von Arzneien, die das Lp(a) senken können, steckt noch in den Kinderschuhen. Die Molekularbiologin Indumathi Chennamsetty aus dem PhD-Programm "Molekulare Medizin" der Med-Uni Graz hat nun jedoch einen bisher nicht bekannten Mechanismus bei der Lp(a)-Hemmung entdeckt. Sie ging von der Beobachtung aus, dass Patienten, die aufgrund eines Gallengangsverschlusses erhöhte Gallensäurekonzentrationen im Blut haben, sehr niedrige Lp(a)-Werte aufweisen. Sobald der Verschluss operativ beseitigt wird, steigt der Lp(a)-Spiegel wieder an.

Daraufhin hat Chennamsetty die molekularen Zusammenhänge zwischen dem Gallensäurerezeptor FXR, der eine wesentliche Rolle bei der Neusynthese von Gallensäure spielt, und Lp(a)-Spiegel untersucht. In ihren Versuchen arbeitete sie mit genetisch veränderten Mäusen, die in ihrer Leber menschliches Lp(a) herstellen. Dabei zeigte sich, dass die Aktivierung von FXR durch natürliche oder synthetische Moleküle, die an FXR binden (Liganden), die Neubildung von Lp(a) um bis zu 90 Prozent reduziert. Dadurch wird die Plasma-Lp(a)-Konzentration drastisch gesenkt.

Basis für neue Medikamente

Die Ergebnisse wurden in der jüngsten Ausgabe des "Journal of Clinical Investigation" publiziert und bereits von "Nature medicine" als "Research Highlight" gewürdigt, hieß es. Interessant seien die Erkenntnisse vor allem, weil bereits erste synthetische Liganden von FXR zur Behandlung von Leberzellkarzinomen erprobt werden. Diese Substanzen könnten auch als Ausgangspunkt für die Entwicklung von Medikamenten zur Senkung erhöhter Lp(a)-Werte dienen, hoffen die Wissenschafter der Grazer Med-Uni. (red/APA)