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Wenn es aber darum geht, nach der aktiven Karriere im Verein zu bleiben und Entscheidungsträger zu werden, ist oft Schluss", sagt Elisabeth Kotvojs von der Anti-Rassismus Initiative "FairPlay".

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"Ich musste immer schon besser als die Besten sein, um als gut zu gelten", so Zoran Barišić.

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Integration durch Sport. Das funktioniert - lautet der breite Konsens. Nicht wenige sehen besonders im Fußball ein Wundermittel, um reibungsloses Zusammenleben zu ermöglichen. Und in der Tat wird das grundsätzliche Potential des Sports so schnell niemand anzweifeln, ebenso wenig wie die positiven Integrationsbeispiele.

Wenn über Fußball und Integration gesprochen wird, klingt das meistens so: Kinder, Jugendliche oder Erwachsene aller Hautfarben spielen in der gleichen Mannschaft und verfolgen dasselbe Ziel: Gewinnen. Sie begreifen sich dabei als Einheit und sehen über die Herkunft und Religion des Einzelnen hinweg.

So sehr das auch stimmen mag, "an den Sport werden als Mittel zur Integration zu hohe Erwartungen gestellt", sagt Elisabeth Kotvojs von der Anti-Rassismus Initiative "FairPlay". Menschen mit Migrationshintergrund ebenso wie AusländerInnen finden sich bis auf einige Ausnahmen schon in sehr vielen Sportarten, und werden dort auch geschätzt. "Wenn es aber darum geht, nach der aktiven Karriere im Verein zu bleiben und Entscheidungsträger zu werden, ist oft Schluss", so Kotvojs. MigrantInnen bliebe es verwehrt, in Positionen zu kommen, in denen sie Einfluss auf die Strukturen von Verbänden und Vereinen ausüben können.

"Qualität keine entscheidende Rolle"

Ähnliche Erfahrungen hat auch Slobodan Batričević gemacht. In seiner Zeit als Spieler sei er nie mit Rassismus oder Diskriminierung konfrontiert gewesen, sagt der ehemalige-Bundesliga-Fußballer. Solange die Leistung gestimmt habe, sei ihm auch die Anerkennung der Mitspieler, Trainer und Fans sicher gewesen. Sogar die Kapitänsschleife durfte sich Batričević in der höchsten Spielklasse beim LASK um den Arm binden. Nach der aktiven Laufbahn war damit allerdings Schluss. "Man hat dann Probleme, einen guten Job als Trainer zu finden. Du hast keine Rückendeckung, keine starken Männer hinter dir als Migrant", sagt Batričević, der heute den Kremser Sportclub in der 2. Landesliga-West coacht.

Es gebe viele Faktoren, die entscheiden, ob man in leitende Funktionen in einem Verein kommt, sagt Batričević. Allerdings spielt Qualität "keine entscheidende Rolle. Und das ist das Traurigste im Amateurfußball. Aber leider Praxis." Der Ex-Kicker redet im Interview immer von "denen", die die Entscheidungen treffen. Dass er selbst keiner von "denen" ist und werden wird, damit scheint er sich abgefunden zu haben.

Geschlossene Vereine, geschlossene Gesellschaft

Sowohl Batričević als auch Kotvojs geben Einblicke in ein Problem, zudem es jedoch bislang keine wissenschaftlich gefestigten Belege gibt. Eine Vergleichsstudie unter allen EU-Staaten zum Thema Rassismus und ethnische Diskriminierung im Sport wollte sich des Themas annehmen, konnte allerdings auch aufgrund der dünnen Datenlage und schwer zugänglichen Informationen in einigen Ländern dazu nichts Handfestes liefern. Lediglich Interviews mit Vereinen und Verbänden lieferten Indizien.

Unterscheiden muss man jedenfalls zwischen Amateur- und Profisport. (Amateur-)Vereine stehen einer breiteren Masse offen und erfüllen im sozialen Zusammenleben wichtige Funktionen. Sich in Vereinen engagieren, heißt auch an der Gesellschaft teilhaben. "Wenn die Türen für Entscheidungsträgerpositionen allerdings verschlossen bleiben, kann man auch in die Strukturen nicht eingreifen und mitgestalten", gibt Kotvjos zu bedenken. Sie sehe hier auch eine Parallele zur gesamtgesellschaftlichen Situation.

"Immer besser sein als die Besten"

Zoran Barišić, ehemaliger Nationalspieler, sieht die "gläserne Decke" hingegen nicht. Nach der Entlassung Peter Pacults war er kurzfristig Cheftrainer bei Rapid, konnte sich in der Position jedoch nicht halten. Abgelöst wurde er durch seinen ehemaligen Spielerkollegen Peter Schöttel. Mit seinem Migrationshintergrund habe das mit Sicherheit nichts zu tun gehabt, sagt Barišić. Aber hatte vielleicht Schöttel am Ende doch "mehr starke Männer" hinter sich als Barišić?

Barišić trainiert heute die Amateurmannschaft von Rapid. Für ihn ist im Profifußball das Leistungsprinzip sowohl in der Spieler- als auch Trainerkarriere oberstes Gebot. "Ich musste immer schon besser als die Besten sein, um als gut zu gelten", sagt Barišić. Diese Einstellung habe er auch nach der aktiven Karriere beibehalten. Ob er ohne Migrationshintergrund erfolgreicher gewesen wäre? Nach einer langen Pause sagt er, er wisse es nicht und wolle sich die Frage auch nicht stellen.

Dennoch, ein Blick auf die erfolgreichen Spieler des österreichischen Nationalteams der letzten zwanzig Jahre und ihren Werdegang nach ihrer Laufbahn legt nahe: Ex-Kicker ohne Migrationshintergrund haben es leichter, in Top-Positionen zu kommen.

Kein Aufstieg für Vastić

Toni Polster war zuerst im Marketing von Mönchengladbach und dann als Generalmanager bei der Wiener Austria. Andreas Herzog gehörte bald zum Betreuerstab der Nationalmannschaft und war von 2008 bis 2009 auch Co-Trainer in selbigem. Die Rapid-Ikone Peter Schöttel, der bis 2002 aktiv war, begann bereits 2003 als Sportmanager bei seinem Stammverein.

Einem ihrer sportlich ebenfalls erfolgreichen Nationalteamkollegen hingegen war der rasante Aufstieg nach der Karriere nicht möglich: Ivica Vastić, dem die Kronen Zeitung nach seinem wichtigen Ausgleichstor gegen Chile bei der WM 1998 den fragwürdigen Titel eines "echten Österreichers" verlieh. Vastić landete jedenfalls nicht im Management oder in der sportlichen Leitung, sondern wurde Trainer in der Regionalliga. Zwar wird der Coach der Austria-Amateure immer wieder bei diversen Clubs als Cheftrainer ins Gespräch gebracht, aktuell beispielsweise als möglicher Nachfolger von Franco Foda bei Sturm Graz, aber der große Wurf ist ihm bis dato noch nicht gelungen.

Ob der Migrationshintergrund tatsächlich ein Aufstiegshindernis im Trainer - bzw. Managementbereich im Profifußball ist, wird die Zukunft zeigen. Denn im aktuellen Kader der österreichischen Nationalmannschaft gibt es weit mehr Spieler mit Migrationshintergrund als zu der Zeit, als Barišić und Vastić aktiv waren. (Yilmaz Gülüm und Marion Draxler, 19. September 2011, daStandard.at)