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Kandidaten für Top-Positionen sehen sich stark gewandelten Mechanismen gegenüber.

Foto: AP/Michael Probst

Es liest sich fast ein wenig bedrohlich, was Führungskräfte-Sucher Günther Tengel, in Wien ansässiger Länderchef im globalen Amrop-Netzwerk, seinem Board als Trends im Executive-Search-Geschäft kürzlich präsentierte.

Gesprochen wird hier von einem Beratungsfeld, das weltweit etwa zehn Mrd. Dollar Umsatz macht und das auch derzeit noch geprägt ist von einer Handvoll Big Players - überwiegend US-amerikanischer Provenienz -, die mit Größenordnungen von rund 300 bis 500 Mio. Dollar Umsatz im Markt sind. Dazwischen arbeiten Boutiquen in regionalen oder globalen Netzwerken, dazwischen Spezialisten und Einzelkämpfer.

Aus Tengels Thesen ist zu sehen, wohin die Reise geht - mit absehbar dramatischen Konsequenzen auch für die Kandidatenseite:

  • Die Einkaufsabteilungen (Procurement) übernehmen die Macht: Suchmandate für zentrale Schlüsselpositionen waren immer Vertrauenssache zwischen Aufsichtsrat, Unternehmensführung und dem jeweiligen Berater. Zunehmend mischen jedoch die Einkaufsabteilungen mit, in Beauty-Contests (analog zum Aufmarschierenlassen der Investmentbanken vor einem geplanten Börsengang) wird nach dem Billigstbieter gesucht, Vertraulichkeit und Off-Limit rücken in den Hintergrund, die Rahmenverträge werden von Juristen gemacht, nicht von den Personalverantwortlichen. "Das beginnt auch schon in Österreich" , bedauert Tengel. Heißt: Suchaufträge werden zur standardisierten Ware, zur Commodity.
  • Interne Abteilungen legen Raster: Globale Unternehmen wie etwa bereits Cisco oder Colgate, bauen interne Executive-Search-Units auf (rekrutiert aus Beratungsfirmen) und suchen sich am Beratermarkt extern jeweils kurzfristig die "best choice" . Langfristigkeit (Kenntnis der Strategie des Unternehmens, der "DNA" ) in der Zusammenarbeit ist zunehmend kein Thema mehr.
  • Permanentes Stop & Go: Die Zyklen der Veränderungen werden immer schneller, Unternehmen planen im Quartalsrhythmus. Es wird zunehmend schnell auf- und wieder abgebaut. Das zeigt auch der Einbruch in diesem Markt 2008-2009 um rund 40 Prozent mit anschließend wieder mindestens 20-prozentigem Plus. Zudem steigt die Fluktuation im Top-Management, was ebenfalls in Richtung Handel mit standardisierter Ware statt langfristigem Vertrauensgeschäft läuft.
  • Der Wettbewerb wird härter: Neue Medien, Kunden, die zuvor als Kandidaten den gesamten Prozess kennengelernt haben, und auch Professionalisierung machen Executive-Search transparenter. Allerdings wird das Geschäft auch kompetitiver: Partner der Großen sind abgewandert und haben Boutiquen gegründet, bringen so zusätzlich neuen Wettbewerb in den Markt.
  • New Media ändert - aber nicht ganz oben: Dass allerdings Social Media - die Karriereplattformen im Internet boomen ja - das Geschäft im obersten Segment angreift, glaubt Tengel nicht. Er hält diese Plattformen für "Potemkin'sche Dörfer, ideal vielleicht für Ich-AGs, sicher nicht für das Top-Management" . "All you can click" funktioniere da nicht. Ebenso gibt er rein datenbankengetriebenen Geschäftsmodellen der Suchunternehmen wenig Chancen.
    Es sei daher eine Herausforderung, klarzumachen, dass guter Executive-Search erst auf die Datenmenge aufsetzt, Branchen-Know-how, das Erkennen von Strategien und des "Fit" zwischen Kunden und Kandidaten mache erst die Güte aus.
  • Portfolios werden umfangreicher: Da viel am Kuchen knabbert, erwartet Tengel Ergänzungen der Portfolios der Anbieter um Executive-Coaching, Talent-Management, Nachfolgeplanung - also ein Hereinnehmen bis dato meist aus anderen Beratungsbereichen kommender Dienstleistungen.
  • Ultima Ratio Diversity: Auch aufgrund der demografischen Not erwartet Tengel einen großen Wandel hin zum Thema Nummer eins. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.9.2011)