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Vom Chefideologen der NPD zum Chef vom Dienst einer Illustrierten in Wels: Andreas Thierry (nicht im Bild) versuchte nach 16 Jahren in Deutschland eine journalistische Karriere in seiner Heimat.

Foto: dapd

Wels - Der bekannte Rechtsextreme und ehemalige Chefideologe der deutschen NPD, Andreas Thierry, hat einige Monate unter falschem Namen in Wels als Journalist für das Monatsblatt "Wels im Bild" der Moser Medien Group Austria (MMGA) gearbeitet. Aufgrund von Fotos, auf denen man den 41-jährigen gebürtigen Kärntner mit dem strammen Scheitel erkannte, und weil er unter der Redaktionsadresse unter seinem echten Namen gemeldet war, gaben Beobachter der rechten Szene in Oberösterreich dem STANDARD den Hinweis auf die wahre Identität hinter dem Pseudonym Andreas Reichl. Dieser hatte es in kurzer Zeit zum Chef vom Dienst (ein leitender Redakteur) bei "Wels im Bild" gebracht.

Thierry ist in der rechten Szene seit mehr als 20 Jahren bekannt: als politischer Ziehsohn des heuer verstorbenen Herbert Schweiger, den das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes als "graue Eminenz der deutsch-österreichischen Neonazi-Szene" bezeichnete und der 2010 rechtskräftig zu einer Haftstrafe wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt wurde.

Thierry selbst, der auf den 2007 aufgetauchten Wehrsport-Fotos aus den 1990ern mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu sehen war, wanderte 1995 nach Deutschland aus. 2007 und 2009 wurde er in den Bundesvorstand der NPD gewählt, aus der er 2010 austrat. In seiner Zeit in Deutschland war er auch in Österreich aktiv: in den rechtsextremen Organisationen Bund Freier Jugend (BFJ) und Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP).

Vom STANDARD mit der Vergangenheit seines Chefs vom Dienst konfrontiert, sagte der Chef der Mediengruppe, Helmut Moser, am Donnerstag: "Er hat gesagt, er will eine neue Chance in Österreich. Jeder verdient eine neue Chance." Zudem habe er ja nur als Lektor gearbeitet und sei politisch nicht mehr aktiv. Trotzdem löste Moser noch am selben Tag "mit sofortiger Wirkung" den Vertrag.

Tatsächlich hatte Thierry auch Kommentare, wenn auch keine einschlägigen, für "Wels im Bild" geschrieben und nahm noch 2006 an der "Politischen Akademie" der AFP teil. Erst 2011 verließ Thierry die Geschäftsführung des rechtsextremen Blattes "Volk in Bewegung". Thierry selbst wollte mit dem STANDARD nicht sprechen, er arbeitet ab 1. Oktober in Wien.

"Resozialisierung"

Die Moser Group gibt eine Reihe von Magazinen heraus, etwa das Heeresmagazin "Einsatz", in dem das Bundesheer regelmäßig inseriert, und das Allradmagazin "4WD". Verlagschef Moser betont seine Teilnahme an KZ-Befreiungsfeiern und Berichte über die US-Befreier Österreichs in seinem Magazin "Einsatz". Doch er beschäftigt seit 2008 und 2010 zwei weitere Rechtsextreme aus dem AFP-Umfeld. Moser meint, beide jungen Männer hätten sich von der rechten Ideologie abgewandt. Moser nennt seine Personalpolitik "Resozialisierung" und betont: "Beide sind bei einem Prozess wegen Wiederbetätigung freigesprochen worden." Doch zumindest einer wurde noch 2010 bei der AFP-Akademie fotografiert.

Obwohl Thierry für das Magazin "Einsatz" nicht geschrieben haben soll, will es das Verteidigungsministerium nun genau wissen: "Wir kennen auch bei anderen Zeitungen, in denen wir inserieren, nicht jeden Mitarbeiter, werden Moser aber jetzt befragen", so ein Ministeriums-Sprecher. (Colette M. Schmidt, STANDARD-Printausgabe, 9.9.2011)