Cetin Babayigit vor seinem Geschäft am Brunnenmarkt in Wien

Foto: Standard/Cremer
Wien - Auch der Name stimmt nicht. Denn in Wirklichkeit heißt der Mann auf dem Plakat nicht Kenan sondern Cetin Babayigit. Aber damit, dass er mit seinem Spitznamen in den letzten Wochen wienweit auf Plakaten und in Postwurfsendungen präsent war, könnte der 32-jährige türkischstämmige Wiener ja noch leben.

Mit dem, was ihm da als vermeintliches Testimonial in den Mund gelegt wird, tut er sich aber mehr als schwer: "Seit vielen Jahren bin ich österreichischer Staatsbürger", steht da. Und weiter: "Wien ist mein Zuhause geworden. Wieso sollen andere Zuwanderer das Wahlrecht geschenkt erhalten?" Den letzten Satz, empört sich der Brunnenmarkt-Lebensmittelhändler Babayigit, habe er nie gesagt. Würde er auch nie. Denn: "Ich bin für das Ausländerwahlrecht."

Der Wiener findet sich derzeit als einer von vier Köpfen auf Plakaten, in Foldern und auf einer Homepage (www.zuhause-in-wien.at) über die die Wiener FPÖ gegen das regionale Ausländerwahlrecht mobil macht. Doch davon, dass er da für die FPÖ posiere, sei nie die Rede gewesen, beteuert Babayigit: "Es hieß, das sei im Auftrag der Gemeinde und es gehe um die Rechte von Migranten." Darum habe er auch kein Honorar verlangt. Für das, was dann herausgekommen sei, hätte er sich aber "nie im Leben" einspannen lassen.

Erst als die Kampagne bereits lief, habe er gesehen, wo sein Bild gelandet sei. Über seinen Anwalt habe er versucht, "eine Richtigstellung zu erwirken". Ohne Erfolg: Man habe ihm 2000 Euro geboten ("mir geht es doch nicht um Geld, ich muss meinen Ruf wieder herstellen"). Auch eine gelinde Abschwächung dessen, was ihm in den Mund gelegt worden sei, wäre möglich gewesen - im Internet.

Bei der FPÖ gibt man sich erstaunt: "Die Leute wussten worum es geht - und wieso kommt der Protest erst jetzt? Die Plakate werden nächste Woche entfernt", meint FP-Wien-Sprecher Harald Vilimsky. Wäre Babayigit sich seiner Sache so sicher wie er nun tue, hätte er doch sicher und sofort geklagt.

Klage zu riskant

Von "erst jetzt", könne aber keine Rede sein, betont man bei Babayigits Anwalt Thomas Prader. Wochenlang hätten die FPÖ und deren Anwälte die Angelegenheit in die Länge gezogen. Und auf das Spiel einer Klage samt einstweiliger Verfügung, die die FPÖ verpflichtet hätte, alle Plakate zu überkleben und die Folder einzustampfen, habe sich der Lebensmittelhändler nicht einlassen können: Bei einem Streitwert von 35.000 Euro sei das Risiko für einen Privatmann ohne Rechtsschutzversicherung viel zu hoch - vor allem, wenn der Gegner sehr wohl gut versichert ist.

Denn vor Gericht stünde wohl Aussage gegen Aussage: Die FPÖ hat alle Werknutzungsrechte von der mit der Kampagne beauftragten Werbeagentur Schmied & Schmied gekauft. Agenturchef Kurt Schmied hat diese Rechte dem Fotografen abgelöst. Und dass der - den Namen wollen weder Schmied noch Vilimsky nennen - Babayigit tatsächlich mit falschen Angaben vor die Kamera gelockt habe, wird wohl kaum jemand vom Fotografen zu hören bekommen.

Bei der FPÖ glaubt man das aber ohnehin nicht: Die anderen Models hätten schließlich auch keine Probleme mit den Zitaten. Überprüfen lässt sich das aber - "leider", bedauert Vilimsky - derzeit nicht: "Wir wollen diese Leute doch nicht den inquisitorischen Fragen der Medien aussetzen." (DER STANDARD, Printausgabe, 27.5.2003)