Wien - Die Arbeitslosigkeit steigt und sinkt gleichzeitig. Dieses Paradoxon liefert die aktuelle Arbeitsmarktstatistik. Offiziell ist die Zahl der Arbeitslosen im Juli das erste mal seit 17 Monaten wieder gestiegen - um 0,4 Prozent oder 849 Personen.

Das ist aber nur die halbe Wahrheit. In dieser Statistik sind nämlich alle jene, die in AMS-Kursen sitzen, nicht erfasst. Das waren im Juli immerhin 54.214 Menschen. Aus Spargründen wurden die Mittel für AMS-Schulungen heuer aber drastisch zusammengestrichen. Oder anders gesagt: Im Vorjahr wurden wesentlich mehr, nämlich fast 63.000 Jobsuchende, in eine AMS-Fortbildung gesteckt. Zählt man beide Gruppen zusammen, also die als arbeitslos registrierten und die Schulungsteilnehmer, gab es heuer im Juli 7800 Jobsuchende weniger als noch im Vorjahr.

Und auch das ist noch nicht die ganze Wahrheit. In der aktuellen Statistik werden nämlich erstmals die Bezieher von Mindestsicherung berücksichtigt. Die Mindestsicherung trat im September 2010 in Kraft und hat die alte Sozialhilfe abgelöst. Wer ausschließlich Sozialhilfe bezog, wurde früher nicht in der Arbeitslosenstatistik erfasst. Wer jetzt die volle Mindestsicherung bekommt und auch arbeitsfähig ist, wird sehr wohl eingerechnet. Die Zahl der Arbeitslosen hat sich dadurch um 7800 Personen erhöht.

Trotz der statistischen Belastung zeigte sich Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SP) am Donnerstag mit der Mindestsicherung zufrieden. 119. 000 Bezieher (inklusive Kinder) gab es bisher. 53.000 davon werden vom AMS betreut. Für immerhin 12.000 konnte laut AMS-Vorstand Herbert Buchinger schon ein Job gefunden werden. Hundstorfer sprach daher von einem "Sprungbrett für Menschen in schwierigen Lebensphasen".

Unterschiede in Ländern

NGOs wie die Armutskonferenz beklagen aber, dass es noch immer Unterschiede je nach Bundesland gebe und manche Bezieher, etwa in der Steiermark, Verschlechterungen gegenüber der alten Regelung hinnehmen müssten. Die Wirtschaftskammer wieder um beklagt, dass die Aktivierung der Bezieher, also die Jobsuche, noch verstärkt werden müsse. Rufe nach einer Erhöhung der Mindestsicherung (750 Euro) weist Hundstorfer zurück. Im kommenden Jahr soll eine Evaluierung stattfinden. (go, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 2.9.2011)