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"Für Architektur haben wir 450 bis 480 Studienplätze. Es kommen aber 1000."

Foto: APA/Hochmuth

Standard: Die TU Wien hat als einzige Universität die eigentlich verpflichtende Entgegennahme von Voranmeldungen für das kommende Wintersemester 2011/12 verweigert. Versinken Sie jetzt im Chaos?

Skalicky: Nein, deswegen sicher nicht. Zwar war der Plan hinter der Voranmeldung ja nicht eine Art heimtückische Zugangsbeschränkung nach dem Motto: Ätsch, ein paar Schlampige werden die Anmeldefrist übersehen und dürfen dann in dem Jahr nicht beginnen, aber man lernt nie aus: Die Uni Wien hat uns vorgeworfen, einen ungerechtfertigten Vorteil herausholen zu wollen und auf diese Weise mehr MINT-Studierende (Mathematik, Information, Naturwissenschaften, Technik) zu uns zu holen, weil wir eine zusätzliche Hürde weniger hätten.

Standard: Warum haben Sie die Voranmeldung nicht mitgemacht?

Skalicky: An der TU Wien war das Rektorat der Meinung, dass dies die Planbarkeit nicht erhöht, sondern hauptsächlich zusätzlichen Verwaltungsaufwand bringt. Das ist kaum eine brauchbare Methode, die Studierendenströme zu leiten, vor allem, wenn beliebig viele Mehrfachanmeldungen möglich sind. In Graz sollen Parallelanmeldungen für 50 Studien aufgetaucht sein. Davon wird man dann nicht klüger.

Standard: Ist das die Planbarkeit, die die Rektoren brauchen, um das neue Semester zu planen - oder meinen die Rektoren unter besserer Planbarkeit etwas ganz anderes - zum Beispiel ein ordentliches Budget oder Zugangsregelungen?

Skalicky: "Zum Beispiel" ist gut! Natürlich ein ordentliches Budget - festgemacht in Leistungsvereinbarungen, die noch stark verbessert werden müssen. Ordentlich wäre das ja, aber ausreichend nicht. Für die Planbarkeit unerlässlich ist aber jedenfalls die Feststellung der Kapazitäten der Unis. Alles auf der Welt hat Kapazitätsgrenzen, auch die Beförderung mit der Eisenbahn, nur dort spricht man nicht von Zugangsbeschränkung. Es tut schon fast weh, das dauernd erklären zu müssen.

Standard: Wo haben Sie an der TU Wien Kapazitätsprobleme?

Skalicky: Vor allem in Architektur und Informatik sind unsere Kapazitäten nicht ausreichend für den Andrang. Für Architektur haben wir realistischer Weise 450 bis 480 Studienplätze für Neuanfänger. Tatsächlich aber kommen 1000. In Informatik ist das Verhältnis ähnlich. Das sind ja auch Fächer, in denen die Studieneingangsphase bereits sehr betreuungsintensiv ist. Das kann sich dann nicht ausgehen. Wir müssen 1000 aufnehmen, die Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz oder die Angewandte haben ihr Meisterklassenprinzip und nehmen 15 Studierende auf, oder, wenn sie grad gut drauf sind, vielleicht 27. Ich gönne jedem sein Meisterklassenprinzip, aber dann müssen wir so etwas Ähnliches einführen, um die Betreuungsqualität sicherzustellen. Die jetzigen gesetzlichen Regelungen sind weltfremd.

Standard: Sie waren jetzt 20 Jahre Rektor der TU Wien - ein stetes Bergab, wenn Sie sich die Unipolitik und die Budgetierung ansehen?

Skalicky: Keineswegs, was die Erweiterung der Autonomie und die Verfassung der Unis angeht. Das war und bleibt ein großer Fortschritt und Vorteil. Was das Budget angeht, ja, weil die Schere zwischen Anforderungen und Finanzierung immer weiter aufgegangen ist. Das betrifft nicht nur die Lehre, sondern wesentlich auch die Forschung, für die teure Infrastruktur erhalten werden muss.

Standard: Was - anstatt Voranmeldesystemen - erwarten Sie von der Regierung?

Skalicky: Eine Einigung über die tatsächlichen Kapazitäten der Unis und die Möglichkeit, im Rahmen der Autonomie die Studierenden selbst auszuwählen wie bei den Fachhochschulen ist in der Tat vordringlich. Es ist eine falsche und böswillige Unterstellung, zu meinen, die Unis würden dann die Aufnahmebedingungen so schwer machen, dass möglichst wenige Studierende kommen, um in Ruhe forschen können. Wir wollen viele Studierende, wir wollen aber auch die, die wirklich interessiert und begabt sind. Ein Studium muss Freude machen und Befriedigung verschaffen und dafür müssen beide sorgen: die Universität und die Studierenden.

Standard: Würden Sie dieses Auswahlrecht der Unis auch für jene Fächer wollen, wo die Kapazitäten größer sind als der Andrang?

Skalicky: Ja, ich würde das grundsätzlich so handhaben. Es gibt genügend Beispiele für erfolgreiche Vorgangsweisen, die ohne K.-o.-Prüfungen auskommen, beispielsweise mit einem Motivationsschreiben, einem Bewerbungsgespräch und ähnlichem. Wir werden aber für freie Kapazitäten auch weiterhin Werbung betreiben. Wir wollen ja durchaus die Absolventenzahlen erhöhen, für die große Nachfrage besteht, beispielsweise Maschinenbau. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD; Printausgabe, 2.9.2011)