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Bei dem Parteitag der Wiener SPÖ im Mai stimmten die Genossen überraschend für einVerbot des kleinenGlücksspiels. Die rot-grüne Stadtregierung will es trotzdem weiter erlauben.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Michael Häupl ist nicht das dringlichste Problem: "Das Führungspersonal ist die Folge, nicht die Ursache der Krise der SPÖ" , sagt Niki Kowall. "Die Partei muss diskursfähig werden, dann werden an der Spitze wieder Leute stehen, die politisch und kulturell repräsentieren, was die Sozialdemokratie repräsentieren sollte. Wenn Sie die Führungsriege jetzt abmontieren, kommt das gleiche in Grün nach."

Kowall (28) ist nicht Mitglied der ÖVP, sondern des SPÖ Thinktanks Sektion 8. Er und seine Mitstreiter schafften es am Parteitag der Wiener SP im Mai, dass die Delegierten für ein Verbot des kleinen Glücksspiels stimmten. Die Parteispitze kümmert das nicht: Laut einem vorläufigen Entwurf will sie gemeinsam mit den Grünen die Spielautomaten nicht verbieten, sondern konzentrieren: Künftig sollen sie nur mehr in Salons à 50Stück erlaubt sein.

Laut Statut der SPÖ sind Beschlüsse des Landesparteitags zwar für die Partei bindend - die Abgeordneten im Landtag haben aber per Verfassung das Recht, so zu stimmen, wie sie es für richtig halten. Sie können daher das kleine Glücksspiel weiterhin erlauben, auch wenn das dem Parteitagsbeschluss zuwiderläuft.

Die Entscheidung sei "ein mustergültiges Exempel für die parteiinternen Demokratiedefizite in der SPÖ", ließ die Sektion 8 nach einem Treffen mit der Stadtregierung am Mittwoch wissen. Zwar würde der Entwurf die Situation verbessern - vorgesehen sind etwa strengere Kontrollen, härtere Strafen für Verstöße gegen denJugendschutz und weniger Automatenzahl - der Entwurf bleibe aber "weit hinter den Möglichkeiten".

Kowall ist überzeugt, dass das ein Fehler ist. In den Arbeiterbezirken und unter den Migranten sei "eine halbe Generation" von den Folgen der Spielsucht durch die Automaten betroffen. "Das sind die Kernschichten der SPÖ, diese Menschen haben wir gefälligst zu schützen."

Unterstützung bekamen dieVerbotsbefürworter am Mittwoch von unerwarteter Seite: von den Österreichischen Lotterien. Diese seien bereit, ihre Automaten aus der Stadt zu entfernen, sollte dieStadt Wien beschließen, das kleine Glücksspiel zu verbieten, sagte Lotterien-Präsident Friedrich Stickler zur APA. Die Automaten der Lotterien wären im Gegensatz zu privaten Automaten, etwa der Novomatic, von einem Verbot nicht betroffen: Laut Gesetz hat der Bund das Recht, österreichweit Automaten aufzustellen.

Im Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima und bei Bürgermeister Michael Häupl war am Mittwochnachmittag niemand für eine Stellungnahme erreichbar. (Tobias Müller, DER STANDARD; Printausgabe,25.8.2011)