Mit GNOME 3.2 wird auch "Sushi" in den Desktop aufgenommen, ein Mini-Programm, das zum Preview unterschiedlichster Dateitypen genutzt wird - von Bildern über Dokumente und Musik bis zu Videos. Dank eines Fullscreen-Knopfs eignet sich das ganze gar als Schmalspur-Video- und Audio-Player.

Grafik: GNOME

Derzeit in aktiver Entwicklung befindet sich GNOME Documents, ein Tool zur Anzeige der aktuell bearbeiteten Dateien und Dokumente - egal ob sie lokal oder online abgelagert sind. Im Bild ein aktueller Mockup des GNOME-Design-Teams

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Das Status-Menü des Desktops bekommt einen eigenen "Do Not Disturb"-Knopf

Grafik: GNOME

Zwischen der vergangenes Jahr im niederländischen Den Haag abgehaltenen GUADEC und dem im Moment in Berlin stattfindenden Desktop Summit könnten die Vorzeichen für das GNOME-Projekt kaum unterschiedlicher sein. Musste man sich im Vorjahr gerade erst eingestehen, dass man nicht ganz dort ist, wo man eigentlich gern wäre - und entsprechend die Veröffentlichung der Version 3.0 weitere sechs Monate nach hinten verschieben - ist die Release mittlerweile erfolgreich vollzogen.

Kritik

Doch damit ist natürlich nicht alles eitle Wonne, den wie bekannt sein dürfte, ist gerade in den letzten Tagen lautstarke Kritik an GNOME3 und dessen Konzepten aufgekommen. Eine Situation auf die dann indirekt auch Red-Hat-Entwickler Owen Taylor gleich zu Beginn seines Vortrags zu aktuellen Entwicklungen rund um die GNOME Shell - und GNOME im Gesamten - eingegangen ist.

Klarstellung

Dabei betonte er noch einmal, dass die klassischen "Geeks" nicht im Kern der Überlegungen zur neuen User Experience stünden. Wolle man den Linux Desktop zum Erfolg führen, gelte es die breitere Masse der Bevölkerung anzusprechen und bisherige Konzepte grundlegend zu hinterfragen. Das heiße zwar nicht zwangsläufig, dass man bestehende UserInnen verärgern müsse, dass dies in manchen Fällen durchaus "gelungen" ist, ist den EntwicklerInnen aber aus dem erhaltenen Feedback durchaus klar.

Lösungsansätze

Und auch wenn man es natürlich nicht allen recht machen könne, so stellt Taylor doch zumindest eine teilweise Lösung in Aussicht: In Zukunft will man das Erweiterungssystem der GNOME Shell deutlich stärker in den Vordergrund stellen. Über eine eigene Webseite sollen sich die NutzerInnen - ähnlich den Addons von Mozilla - ihren Desktop nach Belieben anpassen können.

Ziele

Nicht zuletzt sei dies für erfahrene NutzerInnen mit stark eingefahrenen Benutzungsparadigmen gedacht, die sich nicht auf die neuen Konzepte umgewöhnen können oder wollen. Zwar gibt es schon jetzt eine ganze Reihe von Erweiterungen für die GNOME Shell, diese sind aber noch stark verstreut oder nur in einigen Fällen auch in den einzelnen Distributionen enthalten. Unklar ist derzeit noch, ob die Erweiterungsseite rechtzeitig zur Freigabe von GNOME 3.2 fertig wird - in Arbeit ist sie aber bereits aktiv, wie Taylor versichert.

Neuigkeiten

Doch auch sonst hat GNOME 3.2 so manch neues zu bieten: Das Statusmenü wird weiter umgestaltet, so gibt es dort künftig nicht nur das Account-Bildchen zu bestaunen, sondern auch einen eigenen "Bitte nicht stören"-Knopf. Wird dieser gedrückt, erscheinen keine Benachrichtigungen mehr, beziehungsweise nur jene, die von kritischer Relevanz sind. Dies war zwar schon bisher über das Setzen des Available/Busy-Status möglich, die NutzerInnen hätten das aber nicht richtig verstanden, insofern bessert man hier nach.

Kontakte

Neu ist die Aufnahme von GNOME Contacts, einer eigenen Anwendung für das Kontaktmanagement, zunächst einmal vornehmlich für Chat-Kontakte. Diese ist praktischerweise auch gleich mit der GNOME Shell verbunden, womit dann etwa direkt über deren Suchfunktion ein Chat initiiert werden kann. Aus einem Google-Summer-of Code-Projekt ist eine On-Screen-Tastatur entstanden, die zum fixen Bestandteil der Shell wird. Damit will man einerseits die Barrierefreiheit verbessern, andererseits profitieren gerade Touchscreen-Geräte davon.

Usability

In den Bereich kleine, aber wichtige Usability-Verbesserungen gehört, dass der Fenstermanager Mutter nun um jedes Fenster einen dickeren, aber unsichtbaren Rahmen zieht, der zum Vergrößern und Verkleinern genutzt wurde. Hier habe es angesichts der mittlerweile aus ästhetischen Gründen sehr schmalen gehaltenen, sichtbaren Rahmen deutliche Kritik gegeben. Eine Extra-Applaus der anwesenden EntwicklerInnen setzte es dafür, dass die Eckenrundung der Fensterrahmen endlich mit echtem Anti-Aliasing dargestellt werden. Dass das Device Management künftig von der Shell direkt übernommen wird, wurde an dieser Stelle auch schon das eine oder andere Mal berichtet.

Anwendungen

Wie die weitere Zukunft nach GNOME 3.2 aussieht, umriss Taylor mit einem kleinen Seitenhieb auf Microsoft-Boss Steve Ballmer: "Applications, Applications, Applications". Es gelte für die neue User Experience optimierte Anwendungen zu schaffen. Bereits in Entwicklung ist dabei eine GNOME Documents genannte Anwendung, die mithilfe der Desktopsuche Tracker den übersichtlichen Zugriff auf alle möglichen Formen lokaler Dokumente bietet. Darüber hinaus werden mittels der GNOME Online Accounts - die schon in der Version 3.2 in den Desktop wandern - auch Dokumente und andere Informationen von Online-Services lokal dargestellt, etwa aus Google Docs.

Ausblick

Die DesignerInnen des Projekts haben zudem bereits Mockups für eine eigene Musikanwendung produziert, wann diese umgesetzt werden, ist derzeit aber noch offen. Natürlich könne man auch nicht alles selbst produzieren, insofern gelte es Dritt-Entwickler zur Schaffung von entsprechenden Anwendungen zu locken. Als weiteres wichtiges Zukunftsthema für GNOME sieht Taylor die besser Browser-Integration in die Shell - und vor allem das Zusammenspiel mit Web-Apps. (Andreas Proschofsky aus Berlin, derStandard.at, 07.08.11)