Frankfurt/Wien - Im Kampf gegen die europäische Schulden-Epidemie kauft die Europäische Zentralbank doch wieder Staatsanleihen von Krisenländern. Die Entscheidung sei mit großer Mehrheit, aber nicht einstimmig gefallen, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet. Die EZB hatte den Aufkauf von Staatsanleihen vor mehreren Monaten unterbrochen. Den Leitzins beließen die Währungshüter wie erwartet bei 1,5 Prozent.

Der EZB-Rat beschloss den Kauf weiterer Staatsanleihen, nachdem die Schuldenländer Spanien und vor allem Italien in den Fokus geraten waren. Die Länder mussten in den vergangenen Tagen dramatisch hohe Risikoaufschläge für ihre Staatsanleihen zahlen. Die Zentralbank hatte in der Vergangenheit bereits massenhaft griechische, irische und portugiesische Staatspapiere gekauft. In den letzten Monaten ruhte der Aufkauf. Die Notenbank sitzt bereits auf Staatsanleihen im Gesamtwert von 74 Milliarden Euro.

Krisenfonds aufstocken

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso biss in Berlin mit seinem Vorschlag auf Granit, den inzwischen 440 Milliarden Euro schweren Krisenfonds EFSF weiter aufzustocken. In einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an die Staats- und Regierungschefs der 17 Euro-Staaten forderte Barroso die Regierungen zu einer "raschen Überprüfung aller Elemente des EFSF" auf: Die Regierungen müssten sicherstellen, dass der Fonds "über die Mittel verfügt, um Ansteckungsgefahren zu bekämpfen".

Eine Sprecherin Barrosos sagte dazu, mit "allen Elementen" sei auch die Finanzausstattung des bisher über ein Volumen von 440 Milliarden Euro verfügenden Krisenfonds gemeint. "Wir müssen überlegen, wie wir die Effizienz des EFSF und des (ab 2013 an dessen Stelle tretenden) ESM weiter verbessern können, um die derzeitige Ansteckung zu bekämpfen", schrieb Barroso. Keine Gegenliebe fand der Vorstoß in Berlin: Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wies die Idee Barrosos zurück und warnte davor, eine Debatte aus der Zeit vor dem Krisengipfel neu zu beleben.

Ausverkauf an den Börsen

Die Börsen reagierten am Donnerstag mit dramatischen Verlusten (siehe dazu die Marktberichte). Der deutsche Leitindex DAX fiel auf ein neues Zehn-Monats-Tief, der EuroStoxx50 notierte so tief wie seit 14 Monaten nicht mehr. Der heimische Leitindex ATX rutschte 3,49 Prozent im ab.

Auch die Wall Street hat einen der schwersten Tages-Verluste seit Jahren erlitten. Nach der kurzen Erholung am Mittwoch schlossen alle drei großen Indizes an der Wall Street mehr als vier Prozent im Minus. Analysten verwiesen auf die Schuldenkrise in Europa sowie auf Anzeichen, dass die US-Wirtschaft zum Stillstand gekommen sei. Auch die überraschend starken Quartalszahlen der Opel-Mutter General Motors und die von Börsianern begrüßte Aufspaltung von Kraft konnten an der schlechten Gesamtstimmung nichts ändern. (Reuters/red, derStandard.at, 6.8.2011)