Klagenfurt - Während Landeshauptmann Gerhard Dörfler (FPK) nach dem Urteil gegen seinen Stellvertreter Uwe Scheuch von "Politjustiz" spricht, fordern die Landesparteien von ÖVP, SPÖ und Grünen den Rücktritt des FPK-Chefs.

ÖVP stellt Zusammenarbeit ruhend

"Ich hätte mir erwartet, dass Scheuch nach diesem Urteil alle Ämter ruhend stellt. Nachdem er das nicht tut, stellt die ÖVP Kärnten ab heute die Koalition mit der FPK ruhend, bis das rechtskräftige Urteil vorliegt,", erklärt VP-Obmann Josef Martinz auf die Ankündigung Scheuchs, seine Ämter nicht zur Verfügung zu stellen. Martinz forderte Scheuch wegen des "Urteils in diesem Ausmaß" erneut auf, alle Ämter bis zum rechtskräftigen Urteil niederzulegen.

Die auf Eis gelegte Koalition zwischen FPK und ÖVP in Kärnten bedeutet noch kein Ende der Zusammenarbeit der beiden Parteien. Projekte, die auf dem Weg sind, würden weiterverfolgt. "Wo ich Verantwortung trage, werde ich die Reformarbeit und den Sanierungskurs fortsetzten", hält Martinz fest. Bei neuen Themen würde aber "das freie Spiel der Kräfte" zwischen FPK, SPÖ und ÖVP zum Tragen kommen, erklärte Martinz am Dienstag.

Von einem Ende der Koalition wollte Martinz noch nicht sprechen. Es sei fair, das zweitinstanzliche Urteil abzuwarten. Einen politischen Stillstand in Kärnten befürchtet der ÖVP-Chef nicht.

Kärntner SPÖ: "Game over"

Die Kärntner SPÖ will Scheuch mit deutlichen Worten zum Abgang drängen: "Die unabhängige Justiz hat entschieden! FPK-Obmann Uwe Scheuch muss als Mitglied der Landesregierung ebenso zurücktreten, wie er auch für die Politik insgesamt untragbar geworden ist", fordert SPÖ-Landesparteivorsitzender Peter Kaiser in einer ersten Reaktion auf das Urteil im Part-of-the-Game-Prozess. "Moral und Anstand müssen wieder als grundlegende Werte in der Politik Platz finden. Scheuch hat die moralische Verpflichtung die Konsequenzen zu ziehen, wenn das Urteil auch noch nicht rechtskräftig ist", so Kaiser weiter. "Jede und jeder in der Politik hat die gleichen Rechte, Pflichten und eine Vorbildfunktion. Diese Verantwortung gegenüber den Kärntnerinnen und Kärntnern muss auch Herr Scheuch wahrnehmen", so Kaiser.

Zudem weist Kaiser darauf hin, dass noch zwei weitere Untersuchungen der Staatsanwaltschaft gegen Scheuch anhängig sind: zum einen wegen der BZÖ-Wahlkampfbroschüre auf Steuerzahlerkosten aus dem Jahre 2009, zum anderen wegen der Affäre um die Partei-Agentur Connect. Sollte Scheuch die Tragweite des Urteils nicht verstehen, sei Landeshauptmann Dörfler gefordert, innerparteilich und in der Landesregierung ein Machtwort zu sprechen.

Auch Grüne fordern Rücktritt

Der Grünen-Landesparteisekretär Frank Frey forderte "sofortige Konsequenzen im Sinne des Landes". Alles andere als ein sofortiger Rücktritt Scheuchs aus allen Funktionen im Land sei "unvorstellbar", so Frey. Scheuch habe "das Ansehen der Regierung und der Politik im Allgemeinen beschmutzt". (red/derStandard.at, 2. August 2011)