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"Da wird der Misserfolg belohnt"

Die ORF-Wahl ist eine so arge Parteienveranstaltung wie nie zuvor, weil Ahnungslose und Politsäuglinge diesen Stiftungsrat besetzen", sagt Gerd Bacher, fünfmal ORF-General: "Spitzenleute gibt es im ORF und außerhalb, in Österreich und Deutschland. Doch es wird einer, von dem man schon weiß, dass er es nicht kann. Die anderen sind wenigstens nach einem Turnus Misserfolg abgelöst worden. Da wird der Misserfolg belohnt. Schlimmer als bei Aua, Flughafen Wien oder anderen Parteienfestspielen. Aber (Kanzler und SP-Chef Werner) Faymann hält außer (Staatssekretär Josef) Ostermayer keinen Überflieger aus. Sonst wäre mit Abstand (RTL-Chef Gerhard) Zeiler Favorit gewesen."

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"Über Parteien zu stehen muss man sich erarbeiten"

Ich bedauere, dass es in Österreich kaum möglich ist, von Parteiungen, Freundeskreisen wegzukommen. Wer keiner angehört, wird abschätzig Nullgruppler genannt", sagt Otto Oberhammer, General in den 1970ern: "Wenn sich jemand bewirbt, muss er oder sie wissen, dass das ohne solche Unterstützung nur eine nette Geste ist. Dabei wäre das wichtigste Kritierium so klar: Der Bewerber, die Bewerberin muss eine überzeugende Qualität haben. Über den Parteien zu stehen, das muss sich ein Funktionsträger im ORF erarbeiten. Frühere Generale muss man sich nach ihren Ergebnissen ansehen. Bei manchen sah man, es war vielleicht nichts anderes als die Nähe zu einer Organisation."

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"Seine Chefs sind die Parteien"

Jeder Generalintendant, seit Jahrzehnten, ist unglücklich", glaubt Thaddäus Podgorski, selbst in den 1980ern ORF-Chef: "Er kann seine Pläne, Konzepte, Vorstellungen nicht verwirklichen, weil er je- den Tag damit konfrontiert wird: Seine Chefs sind die Parteien. Wenn denen etwas zuwider läuft, und denen läuft fast alles zuwider, dann ist das schrecklich. Man kann nichts durchsetzen."

Podgorski hat, mit gewohntem Augenzwinkern, ein Rezept: "Ein Generaldirektor, der den ORF unter zehn Prozent Fernsehmarktanteil bringt, hat seine Ruhe vor der Politik."

Die Betriebsräte, die den ORF-Chef mitwählen, hält er nicht "wie früher für absolut käuflich".

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"ORF-Führung nicht Herr im eigenen Haus"

Gerhard Zeiler, ORF-General von 1994 bis 1998 und Sozialdemokrat, hat ernsthaft "überlegt", zur ORF-Wahl anzutreten. Zeiler führt seit 2000 Europas größten Fernsehkonzern RTL Group. Die SP-Spitze zog Alexander Wrabetz vor, Zeiler wollte seine Partei nicht spalten und sagte via Profil ab: "Man kann kein Unternehmen, das so große Herausforderungen zu bewältigen hat wie der ORF, erfolgreich führen, wenn Personalbesetzungen bis zur Abteilungsleiter-Ebene von politischer Seite beeinflusst werden. Es ist ein Problem, wenn eine ORF-Führung heute nicht Herr im eigenen Haus ist und glaubt, nur dann gewählt zu werden, wenn sie politische Postenbesetzungen akzeptiert."

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"Parteieneinfluss war schon ärger, das hat man verdrängt"

Der Parteieneinfluss war schon ärger", sagt Gerhard Weis: "Wolfgang Schüssel, Wilhelm Molterer, Andreas Khol (ÖVP) behaupteten 2000, sie würden den ORF entparteipolitisieren. Das Gegenteil war der Fall. Wie sie unter dem Signum der Überparteilichkeit Monika Lindner und Werner Mück installierten, und deren Regime im ORF waren auch nicht von schlechten Eltern. Das hat man alles verdrängt." Die Politik sucht ihren Vorteil im ORF, "das war nie anders. Sich darüber zu beklagen ist Heuchelei. Räumt man Politikern diese Möglichkeiten ein, was werden sie dann tun? Verlangen Sie von einem Tiger, dass er Kohl frisst?" Er plädiert, den ORF als AG auf eine neue Basis zu stellen.

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"Solchen Einparteienzugriff noch nie gegeben"

Solchen Einparteienzugriff hat es noch nicht gegeben", sagt Monika Lindner: "Bei den Bürgerlichen gibt es diesen Kadergehorsam nicht, mit dem die Generalswahl hier durchgezogen wird. Jeweils andere Kandidaten können immer eher mit ein paar schwarzen Stimmen rechnen als mit roten. Aber wenn sich eine Partei schon so sicher sein kann, sollte es nach dem Gesetz die Möglichkeit geben, geheim abzustimmen. Diese Größe sollte die Mehrheit haben. Dann würde es auch andere Kandidaten geben. Hut ab vor denen, die sich in dieser Situation trauen anzutreten, insbesondere, wenn sie aus dem ORF kommen." Lindner würde zudem Betriebsräte nicht mehr den General mitbestimmen lassen. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 30./31.7.2011)

 

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