Im lauschigen Boudoir meiner Gemahlin hängen seit einiger Zeit drei wirklich hübsche Aquarelle von Gilbert Bretterbauer. Diese Tatsache wäre an und für sich ja wirklich nicht vermeldenswert, hätte es mit diesen Aquarellen nicht eine ganz besondere Bewandtnis.

Zu deren näherer Darstellung muss ich allerdings etwas weiter ausholen und bei einer vornehmen Dame beginnen, die in den 50er-Jahren am Konservatorium der diesjährigen Kulturhauptstadt meine Klavierprofessorin war.

Sie hieß Ludovica von Kaan und war die Gemahlin des damaligen Landtagspräsidenten. Zu ihren Studenten zählte unter anderem auch der große Alfred Brendel. Dass sie Letzteren an den damals gefeierten Wilhelm Kempff weiterempfohlen hat, spricht für ihren Instinkt, mit dem sie große Begabungen erkannte und selbstlos förderte.

Dass dieser Instinkt durch meine Fortschritte weniger strapaziert wurde, sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Dafür entstand zwischen ihr und mir ein persönliches Vertrauensverhältnis.

So erzählte sie mir eines Tages, dass ihre Tochter, die Konzertpianistin Gertie von Kaan, eben im Begriffe sei, sich zu verehelichen. Der Tonfall ihres Berichts ließ darauf schließen, dass sich ihre Freude über ihren künftigen Eidam eher in Grenzen hielt. Zählte dieser doch zu der von ihr nicht sonderlich geschätzten Zunft der Psychiater.

Das Unglück wollte es, dass ich, weil ich offenbar auch noch als Erwachsener (und übrigens bis heute) ein Kind blieb, in späten Jahren an Masern erkrankte, an die sich eine sehr unangenehme und von keinem Arzt erkannte Encephalitis schloss. In meiner Verzweiflung entsann ich mich der Erzählung meiner verehrten Klavierpädagogin und meldete mich bei besagtem Psychiater an.

Schon vor der Tür hörte ich Gertie von Kaan üben und durch das Vorzimmer tollten die Kinder, die dieser Verbindung mittlerweile entsprossen waren. Dass deren menschlich reizender und fachlich hochkompetenter Papa meine Krankheit sofort diagnostizierte und erfolgreich behandelte, sei nur nebenbei erwähnt.

Einer der Buben, die damals durch das Vorzimmer tollten, wandte sich später den bildenden Künsten zu und betrieb eine Galerie in der Wiener Ballgasse, wo ich die drei erwähnten Aquarelle erwarb. So wie ich sie gekauft hatte, legte ich sie in eine Lade, in der sie fast zwei Jahrzehnte bleiben sollten.

Als in Graz dann der Name dieses Galeristen immer häufiger fiel, erinnerte ich mich dieses schlummernden Kunstschatzes und brachte ihn an das sanfte Licht des Frauengemachs.

Der Name des Galeristen bleibe an dieser Stelle unerwähnt. Denn gleich am Beginn des heutigen ALBUMS kommt der mittlerweile prominente Filius meines einstigen Psychiaters nämlich ausführlich zu Wort. (DER STANDARD, Printausgabe, 24./25.5.2003)