Der Pokal in festen Händen des Mutterlands. Die USA krönten sich in Wien erneut zum Weltmeister.

Foto: Herbert Kratky

PULS 4 wird auch heuer wieder die NFL im heimischen Free-TV zeigen.

Foto: Puls4

Über fünf Wochen sind seit meinem letzten Beitrag vergangen und das hat gute Gründe. Während der Weltmeisterschaft im Dauerstress, verschlug es mir am 13. Juli dann die Sprache. Österreich unterlag im dritten WM-Gruppenspiel Frankreich. Zuvor zog das AFBÖ-Team schon gegen Japan und Kanada den Kürzeren. Diese beiden Niederlagen kamen erwartet, jene gegen Frankreich aus heiterem Himmel. Das erhoffte Gipfeltreffen um den „Europameister" innerhalb der Weltmeisterschaft mit Deutschland fand nicht statt. Also schon, nur halt mit Frankreich an unserer Stelle. Adieu, Autriche.

Was genau uns (mich eingeschlossen) dazu veranlasst hat, die Franzosen als klaren Außenseiter zu betrachten, darüber hatte ich jetzt viel Zeit zum Nachdenken. Bei der Europameisterschaft 2010, so sagten es fast alle Experten, hätte sich Österreich Silber verdient, auf Grund der Gruppeneinteilung aber nur Bronze gewonnen. Vertreter von Japan und Kanada sagten vor dem Spiel gegen Frankreich, dass Österreich eindeutig der stärkere Gegner für sie war. Zwar überzeugte Österreich nicht gerade mit Esprit und agierte über weite Teile de facto ohne einer erkennbaren Offensive, dafür taten sich die späteren Medaillengewinner mit unserer Defense recht schwer. Jene, glaubt man einem alten Sprichwort, soll ja Championships gewinnen.

Alles beim Alten

Die Realität schaute dann aber ganz anders aus. Als uns die Erde wieder hatte, war die Hackordnung der EM wiederhergestellt. 1. Deutschland, 2. Frankreich, 3. Österreich bzw. waren es bei der WM die Plätze fünf, sechs und sieben, denn gegen das große Quartett, bestehend aus USA, Kanada, Japan und Mexiko, hatte niemand was zu melden aus Europa oder Ozeanien. Australien, deren Spieler pro Kopf 4000 Down Under-Dollar zahlten, um überhaupt mitfahren zu dürfen, machte im gesamten Turnierverlauf 30 Punkte. 20 gegen Deutschland, die restlichen zehn gegen Österreich, welches sich im Spiel um Platz 7 gegen die Aussies noch mal aufraffte und klar gewann. Kein Balsam auf die wunde Seele, denn Football hat in Australien keinen Stellenwert. Die Mannschaft wurde von ihrer Heimat nicht einmal geringfügig finanziell unterstützt.

Ich empfinde es heute auch als gerechte Strafe für diese „eigentlich sind wir EM-Zweiter"-Haltung aus dem Jahr 2010. Die Franzosen haben genau gehört, wie super wir Österreicher denn nicht wären und tapfer geschwiegen. Als sich der Sieg für sie abzeichnete, kassierten ihre Spieler Strafen wegen Unsportlichkeit, als sie dem überwiegend österreichischen Publikum nach Touchdowns die große Klappe symbolisierten. Französische Entladung. Oh la la, Autriche! Was ist los mit euch? Auf Klubebene musste ihr Meister Amiens zwischendurch und obendrauf noch eine vernichtende Niederlage gegen Tirol schlucken, daher war ja klar: Wir sind die Guten und die haben nicht mal eine Chance. Und die nutzten sie auch. Ein Turnier älter und gescheiter.

Versager und Gewinner

Größere und ganz große Medien nahmen sich der Sache Football erstmals richtig an und die Folge war, dass der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit heftig kritisiert wurde. Die Krone schrieb von Versagern, im ORF kritisierten die Experten Österreichs Spielwitz, bzw. bemängelten das Nichtvorhandenseins eines solchen. Worauf der Verband verunsichert reagierte, denn an solche Mechanismen musste man sich erst gewöhnen. Die vormals immer lieben Amateure des Nationalteams, sind plötzlich die uninspirierten Spaßverderber der WM. Da kullerten auch Tränen.

Wobei der AFBÖ selbst sich als Veranstalter und Organisator eines wesentlich besseren Zeugnisses als jenes seiner Mannschaft erfreuen durfte. Alle Teilnehmer waren deutlich erkennbar zufrieden mit der Durchführung, der Weltverbandspräsidenten Tommy Wiking sprach sogar von der besten WM bisher. Tatsächlich ließ sich der Verband vom schwachen Abschneiden seiner Mannschaft nicht irritieren und zog am Tivoli, in der UPC Arena und beim Finale im Ernst Happel-Stadion einen blitzsauberen Event durch. 70.000 kamen zu den 16 Spielen, 20.000 beim Finale waren mehr, als man sich vor einem Jahr noch erträumen konnte. Und das ein „Micky Maus"-Sportverband, wie es der AFBÖ nun mal ist, vom Fleck weg nicht auf dem Bauch landet, das ist alles andere als selbstverständlich. Noch dazu, weil der Haussegen intern schief hing, denn zwischen Wien und Innsbruck herrscht Eiszeit. Nicht nur wegen der WM, da hakt es an gleich mehreren Ösen. Dazu ein anderes Mal mehr.

Ball aufnehmen, aber wie?

Daher gab es auch Gewinner aus Österreich. Neben dem Verband, als globale Vorzeigeorganisation, waren auch die Zuschauer Gewinner, von denen rund die Hälfte in Wien zum ersten Mal überhaupt bei einem Spiel vor Ort war; glaubt man den Handzeichen bei der dazugehörigen Frage des alles überragenden Stadionsprechers Michael Holub. Einen Tag nach dem Finale stellte sich aber schon die bange Frage, wie man diesen Schwung denn nun mitnehmen kann? Denn die Klubs entschlossen sich mehrheitlich dazu, die Bundesliga-Saison vor der WM zu beenden. Nächster Spieltermin daher: März 2012. Weltklasse! Was macht man bis dahin? Der fromme Wunsch, die acht Monate mit einem österreichweiten Tryout, einer Junioren-EM in Sevilla und der Nachwuchsmeisterschaft im Herbst zu überbrücken, ist wohl nur ein solcher. Noch viel weniger werden sich die Massen beim Flagfootball einfinden, wo manche Optimisten solche als Fata Morgana wahrnehmen. In Wahrheit hätte die österreichische Bundesliga letztes Wochenende spielen sollen, wie es die deutsche Bundesliga eben tat. Übrigens schaut die AFL nicht nur im Vergleich zur GFL winzig aus. Sie ist, gemeinsam mit der von Ungarn, die kürzeste Liga Europas. Das mögen manche gar nicht hören. Vor allem nicht von mir, der das seit Jahren, bei jeder Gelegenheit, als alte, hängende Schallplatte abspielt. Vinyl klingt eben nicht immer besser.

PULS 4 als Lösung?

Die NFL im heimischen TV hat der AFBÖ schon vor Jahren als „Trigger" für sein eigenes Vorankommen erkannt. Verbandspräsident Michael Eschlböck saß schon neben Christopher Ryan als Co-Kommentator, da war Football noch richtig extraordinärer Stoff. Die Pionierarbeit leistete Ryan zwölf Jahre im ORF, am Ende mit einem begeisterten Stammpublikum und richtig guten Zahlen. Bis er den Küniglberg Richtung Servus TV verließ und die NFL zu PULS 4 wanderte. Dort nahm man das Ei, bei den Conference Finals der Saison 2009/2010, zum Testlauf auf und verlängerte interessiert für die gesamte Saison 2010/2011. Das lief dann über weite Strecken richtig gut. Über 100.000 Seher beim Finale führten dazu, dass der Sender einem Tag nach dem Ende des Lockouts verkündete, sich die Rechte auch für die kommende Saison gesichert zu haben. So werden Christian Nehiba, Herr Eschlböck, ich und noch ein paar andere junge und jung gebliebene Menschen Sie ab September wieder vor den Schirmen begrüßen dürfen - und natürlich wird auch das Thema Football in Österreich dabei allgegenwärtig sein. Nur: reicht das wirklich aus? Ich glaube das nicht. Abgesehen davon, dass wir in erster Linie wegen der NFL da sind und nicht wegen der AFL, ist das im besten Fall ein Placebo gegen echte Medizin.

So hoffe ich auch, auf diesem Weg Sie zu erreichen, Sie, die wir sehr gerne im März 2012 zu Tausenden in den Stadien sehen wollen.

Also:

Bitte, bitte, kommen Sie zu unseren Spielen. Sie sind sehr gut und frisch und ganz ohne Analogschinken.

Ihre Pizzeria „Football in Austria"