Trotz vieler Attraktionen mangelt es dem Film an einem emotionalen Zentrum.

Wien – Unter den alternativen Treibstoffen der Zukunft ist Wasabi bisher noch nie aufgetaucht. Das japanische Würzmittel, das zum Sushi gereicht wird, verfügt aber auf jeden Fall über ausreichend Schärfe, um einem im Ernstfall ordentlich Beine zu machen. Oder eben Räder, wenn man ein Auto ist, das sich einen ziemlichen Batzen Wasabi hat reichen lassen. In Cars 2, dem neuen Animationsfilm aus dem Hause Pixar, wird die entsprechende Szene fast ein wenig verschenkt: Ein Abschleppwagen namens Mater (in der deutschen Fassung heißt er Hook) isst zum ersten Mal das japanische Nationalgericht, danach ist er so durstig, dass er ein ganzes Bassin leeren könnte.

Dass Autos eine Verdauung haben, das war schon vorher irgendwie klar, schließlich spricht man von "saufenden" und von "sparsamen" Fahrzeugen. Bei Pixar haben sie aber seit dem ersten Cars (2006) noch viel mehr: Sie haben Herz und Witz, und das alles spiegelt sich auf ihrem Gesicht wider, auch wenn dieses aus Kühlerhaube, Windschutzscheibe und Stoßstange besteht. Das soll alles nicht weiter verwundern bei einer Firma, die mit einer menschelnden Schreibtischlampe begann.

Fünf Jahre nach dem ersten Cars kommt nun der zweite, der technische Fortschritt dieser kurzen Spanne ist unübersehbar (vor allem in 3-D, das bei Animationsfilmen viel besser funktioniert als bei den meisten "richtigen" Filmen). Aber es sind auch die Probleme nicht weniger geworden: Die Vorstellung vom freien, individuellen Leben, das ohne Pkw oder Pickup nicht denkbar ist, ist umstrittener denn je.

Der Pixar-Mastermind John Lasseter und sein Team (Koregisseur Brad Lewis und Drehbuchautor Ben Queen) mussten also für die Fortsetzung eine Idee entwickeln, wie es mit dem Automobilzeitalter weitergehen könnte. Und dabei haben sie sich für eine offensive Variante entschieden: Das Auto wird nun immer mehr zu einer Universalgerätschaft, ganz so wie in den James-Bond-Filmen, wo dem Agenten regelmäßig die Neuerungen an seinem Gefährt präsentiert werden. Zu Bond gibt es hier eine Reihe von Bezügen, es geht um Signale, Verschwörung, Bomben und internationale Wirtschaftskriminalität ("Big Oil"!), dazu zahlreiche Schauplatzwechsel zwischen Tokio, Monaco und London. Rennen werden auf atemberaubenden Strecken gefahren, die bekannten Grand-Prix-Strecken nachempfunden sind, immer wieder aber ins Fantastische reichen.

Ungelöste Widersprüche

Trotz aller Schauwerte fehlt Cars 2 aber ein emotionales Zentrum, das im ersten Teil noch die ländliche Idylle von Radiator Springs gebildet hatte. Die Figur des "durchschnittlich intelligenten" Mater hat im Original deutlich mehr Identifikationspotenzial, weil sie von dem Comedian Larry the Cable Guy gesprochen wird, einem Idol der hart arbeitenden, konservativen Mittelschicht.

Deutlich geht es in Cars 2 um die Globalisierung einer US-Mythologie, doch bleiben dabei die vielen Widersprüche letztlich in einer hektischen Sause ungelöst. Im Vergleich mit Pixar-Höhepunkten wie Oben ist Cars 2 fast ein wenig gewöhnlich: ein Spektakel, das vor einer guten Geschichte davonfährt. (Bert Rebhandl / DER STANDARD, Printausgabe, 28.7.2011)