Das Nicolaihaus hat den einzigen noch erhaltenen barocken Innenhof Berlins. Es galt im 18. Jahrhundert als ein Ort der Aufklärung.

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Seit der Wende schlummerte es still vor sich hin, weil sich niemand so recht dafür zuständig fühlte. Nun soll das älteste Berliner Wohnhaus, das "Nicolaihaus" in Berlin-Mitte, doch noch vor dem Verfall gerettet werden. Die in Bonn ansässige Deutsche Stiftung Denkmalschutz übernahm das fast 350 Jahre alte Gebäude am Montag vom Berliner Liegenschaftsfonds, wie mehrere deutsche Medien berichten.

350-jährige Geschichte

Das Haus wurde in den 1660er-Jahren auf mittelalterlichen Fundamenten errichtet. 1787 erwarb der Verlagsbuchhändler, Schriftsteller und Philosoph Friedrich Nicolai das Gebäude und machte es zu einem zentralen Begegnungsort der deutschen Aufklärung im 18. Jahrhundert. Ab 1910 beherbergte das Objekt in der Brüderstraße 13 das Lessingmuseum, das 1936 von den Nazis geschlossen wurde.

Im Zweiten Weltkrieg teilweise beschädigt, wurde das Nicolaihaus 1950 wiederhergestellt. 40 Jahre lang war dann die Brandenburgische Denkmalpflege der DDR darin beherbergt.

Nach der Wende war das weitere Schicksal des Hauses völlig offen. Zunächst stand es jahrelang leer. Anfang der 2000er-Jahre wurde es vom Berliner Stadtmuseum "bespielt", diese Episode war aber nur von kurzer Dauer. 2007 übergab der Berliner Senat das unter Denkmalschutz stehende Nicolaihaus dem Liegenschaftsfonds der Stadt.

Suhrkamp-Verlag blies Kauf ab

Anfang 2009 hieß es, der Suhrkamp Verlag sei bei seiner Suche nach einem repräsentativen Objekt für sein neues Berliner Stammhaus in der Brüderstraße 13 fündig geworden. Der von Frankfurt/Main übersiedelte Verlag entschied sich erst vor wenigen Tagen aber doch endgültig gegen einen Ankauf.

Das Nicolaihaus drohte seinen Dornröschenschlaf fortzusetzen. "Wer sich in die Brüderstraße verirrte, der stieß auf ein Gebäude, auf dessen Bedeutung nicht weniger als acht Gedenktafeln hinwiesen, das aber zusehends das deprimierende Bild einer alternden, mit Nichtachtung bedachten Schönheit bot", schreibt der Tagesspiegel.

Dies, obwohl sich ein schon 2008 gegründeter "Freundeskreis Nicolaihaus Berlin" seither vehement für eine angemessene Erhaltung und Nutzung des berühmtesten und "historischsten" aller Berliner Bürgerhäuser engagierte.

"Dem Haus wieder eine Seele geben"

Nun scheint eine Lösung gefunden. Über den Kaufpreis, den die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bezahlte, wurde Stillschweigen vereinbart. Die Stiftung will dafür bei der Restaurierung keine Spendengelder, sondern der Erlös aus dem Verkauf einer der Stiftung vererbten Immobilie verwenden.

"Wir hoffen, dass wir diesem Haus wieder eine Seele geben können", sagte die Stiftungsvorsitzende Rosemarie Wilcken bei der offiziellen Schlüsselübergabe am Montag.

Die Stiftung will das kulturhistorische Objekt authentisch wieder herstellen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Und auch die künftige Nutzung ist schon geklärt: Die Stiftung wird es selbst als Hauptstadtrepräsentanz nutzen. Sämtliche derzeit auf mehrere Außenstellen in Berlin und Potsdam verteilten 18 Mitarbeiter sollen hier untergebracht werden, ein Umzug der Zentrale von Bonn nach Berlin sei aber nicht geplant. Anfang 2012 will man mit den Sanierungsarbeiten beginnen. (map, derStandard.at, 26.7.2011)