Die gut genährte Larve der Marienkäfer-Brackwespe verlässt den Wirtskäfer durch den Hinterleib. 

Foto: CNRS/IRD Mathieu Bélanger Morin

Ab dann steht der Marienkäfer als Zombie-Bodyguard Wache über dem Kokon ...

Foto: Pascal Goetgheluck

... bis die fertige Wespe geschlüpft ist und davonfliegt. Rund ein Viertel der Käfer erholt sich daraufhin wieder vollständig.

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Das Grauen hat für die Marienkäferart Coleomegilla maculata einen Namen: Dinocampus coccinellea. Diese Wespenart legt nämlich ein einzelnes Ei in das Gedärm der Käfer, wo sich die geschlüpfte Larve dann rund 20 Tage lang von den Innereien ernährt. Ohne den Wirt zu töten schlüpft die Larve durch den Darmausgang und spinnt einen Kokon zwischen den Beinen des in Lähmung versetzten Käfers, der bis zu neun Tage lang wie ein Wächter über dem Wespenkokon stehen bleibt. Rund ein Viertel der in Zombies verwandelten Marienkäfer erholt sich übrigens vom Wespenwahnsinn und verhält sich wieder normal, wie französisch-kanadische Forscher um Frédéric Thomas in den Biology Letters der Royal Society berichten.

Die Marienkäfer-Brackwespe, wie sie auf Deutsch heißt, ist eine bis zu vier Millimeter große Schlupfwespe, die von Nordamerika über Europa und Asien bis Australien verbreitet ist. Die Art und Weise, mit der sie ihre Opfer manipuliert, ist in mehrfacher Hinsicht faszinierend: Während bei der überwiegenden Mehrheit der Schlupfwespen die Wirtstiere im Verlauf der Larvenentwicklung sterben, bleibt das Opfer von Dinocampus coccinellae bis zum Schlüpfen der fertigen Wespe am Leben. Außerdem tritt die Zombie-artige Lähmung der Marienkäfer erst auf, sobald die Larve den Wirt verlassen hat und die Verpuppung beginnt.

Bodyguard gegen Feinde

Frédéric Thomas und sein Team von der Université Montpellier und der Université de Montréal haben nun die Mechanismen dieser Manipulation genauer unter die Lupe genommen. Die Wissenschafter gehen davon aus, dass die gelähmten Marienkäfer-Zombies die Larven vor allem vor Fressfeinden schützen sollen. Experimente im Labor haben gezeigt, dass die von einem Marienkäfer beschützten Kokons wesentlich seltener von Räubern erbeutet wurden als "alleinstehende" Kokons oder solche, die von einem toten Käfer bewacht wurden. Ausschlaggebend dafür, dass der Marienkäfer plötzlich zum gelähmten Bodyguard wird, dürfte ein Sekret sein, das die Larve abgibt, wenn sie das Innere ihres Wirtes verlässt.

Zwar ernährt sich die Larve im Darmtrakt von den Ressourcen des Käfers, doch geht sie dabei behutsam vor; sobald der Marienkäfer zum Zombie-Wächter wird, kann er nicht mehr fressen und muss auf übriggebliebene Reserven zurück greifen - ein Umstand, der wiederum auf Kosten der Wespe geht: Die französischen Wissenschafter konnten einen negativen Zusammenhang zwischen dem Zeitraum, den ein Marienkäfer Wache stehen muss und der Fruchtbarkeit der aus der Larve hervorgehenden Wespe feststellen. Je kürzer der Käfer im Zombie-Stadium verharrt, umso wahrscheinlicher ist es, dass die von ihm bewachte Wespe unfruchtbar ist. Je länger sein unfreiwilliges Wachen andauert, umso eher geht er daran zugrunde. Zur Verblüffung der Forscher erholten sich etwa 25 Prozent der Käfer-Zombies nach dem Schlüpfen der Wespen wieder vollständig von ihrer Manipulation. (tasch/red)