Grafik: Pensionen in Österreich

Grafik: DER STANDARD

Sollen Frauen künftig länger arbeiten? Sozialminister Rudolf Hundstorfer hatte im Zuge der von Finanzministerin Maria Fekter gefordeten Reform des Frühpensionssystems Gesprächsbereitschaft über eine Angleichung des Antrittsalters von Männern und Frauen gezeigt (derStandard.at berichtete). Für das Frauenministerium seien Gespräche grundsätzlich möglich, wird vonseiten des Ressorts gegenüber derStandard.at betont. Priorität hätten jedoch das Schließen der Lohnschere sowie eine Verringerung der Doppelbelastung von Frauen.

Antrittsalter soll bis 2033 angeglichen werden

Derzeit ist die Angleichung des Antrittsalters für beide Geschlechter für 2033 geplant. Dann sollen Männer und Frauen mit 65 Jahren in den Ruhestand treten. Aktuell dürfen Frauen bereits mit 60 in Pension gehen. Im internationalen Vergleich ist Österreich hier etwa in Gesellschaft von Italien und Griechenland, die meisten EU-Staaten zeigen keine Differenz zwischen Männern und Frauen. In der Türkei arbeiten Frauen laut OECD-Bericht sogar bis zu fünf Jahre länger. Der Plan zur Angleichung war in Österreich aufgrund einer EU-Regelung gefasst worden, die ein geschlechterunabhängiges Antrittsalter vorschreibt. 

Aus dem Frauenministerium heißt es, dass man mit dem Datum 2033 zufrieden sei, man sei aber offen für Gespräche über eine Vorverlegung. Julia Valsky, Pressesprechin von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, erklärt jedoch, dass frauenpolitisch andere Bereiche Priorität hätten. "Wir sollten in erster Linie über die Rechte reden, nicht über die Pflichten", so Valsky. Österreich sei deshalb Nachzügler, weil die Lohnschere größer sei - dort müsse man auch beginnen, nicht beim Pensionsantrittsalter. 

Seniorenbund: "Frauen wollen länger arbeiten"

Der ÖVP-Seniorenbund ist für eine sofortige Anhebung des Frauen-Antrittsalters. "Uns erreichen täglich Frauen, die nicht pensioniert werden wollen", heißt es dort. "Tatsächlich gehen den Frauen derzeit die fünf besten Jahre ihres Erwerbslebens verloren, dadurch haben sie niedrigere Pensionen." Da durch zahlreiche Sonderregelungen das System zu kompliziert sei, wolle man eine generelle Anhebung des Antrittsalters.

ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm stößt ins gleiche Horn. Sie habe einen "engen Kontakt zu vielen Frauen, die unter Zwangspensionierungen leiden". Männer würden oft noch eine Gehaltsstufe aufsteigen, Frauen würden stattdessen in Pension geschickt. Sie hält eine raschere Angleichung auch deshalb für notwendig, weil Frauen in den letzten Jahren oft besser verdienen.

Auch im Finanzministerium ist man für eine raschere Reform: "Wir sind für alles, das Kosten dämpfen würde." Man weise aber daraufhin, dass "eine sozialdemokratische Regierung diese Regelung in der Verfassung verankert hat". Daher sei für eine Reform eine Zweidrittel-Mehrheit nötig.

Grüne strikt dagegen, FPÖ und BZÖ wollen prüfen

Die Grünen lehnen auf derStandard.at-Anfrage eine raschere Angleichung ab. Frauensprecherin Judith Schwentner sieht keinen Grund für eine Reform und meint, man müsse bei Kollektiven und Betriebsvereinbarungen ansetzen, da diese oft zu einer Zwangspensionierung führen. Pensionistensprecher Öllinger bezeichnet den Vorschlag Hundstorfers als absurd, die finanziellen Auswirkungen seien de facto zu vernachlässigen.

FPÖ-Frauensprecherin Carmen Gartelgruber sieht Vor- und Nachteile, betont aber, dass vor allem die Zwangspensionierungen, die durch Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen erfolgen, überprüft werden sollten. Ursula Haubner vom BZÖ verweist auf das "flexible Pensionsmodell" ihrer Partei, durch welches das fixe Antrittsalter der Vergangenheit angehören würde. "Die Regierung - Fekter, Hundstorfer - picken sich einzelne Punkte heraus und wollen sie reformieren", so Haubner, "so entsteht ein Flickwerk statt einer richtigen Reform."

Marin für rasche Angleichung

Pensions-Experte Bernd Marin würde eine raschere Angleichung des Pensionsantrittsalters begrüßen, schließlich kenne kein einziger moderner Wohlfartsstaat ein ungleiches Pensionsalter. Im Gespräch mit derStandard.at verweist der Sozialexperte auf ein Urteil des EuGH, das ein geschlechtsneutrales Pensionsalter verlange. Frauen seien durch das unterschiedliche Pensionsantrittsalter außerdem  höheren Risken von Altersarmut auf Grund unzureichender Versicherungszeiten ausgesetzt. Dazu kämen noch vermehrte Zwangspensionierungen: "Ein freiwilliges Kann wird zum unfreiwilligen Muss", so Marin.

"Lediglich in Debatte eingebracht"

Aus dem Büro von Sozialminister Hundstorfer heißt es heute, man habe lediglich einen "Denkanstoß" in die Debatte eingebracht. Man wolle die Ergebnisse der Arbeitsgruppen, die im Herbst vorliegen werden, abwarten. (Fabian Schmid, derStandard.at, 19.7.2011)