Innovationen wurde in Österreich immer gern mit zwei zentralen Argumenten begegnet. Erstens: "Das hamma noch nie g'habt." Und zweitens: "Da könnt ja jeder kommen."

Nun hat der "Behörden Spiegel" unsere Initiative Amtsgeheimnis.at für sich entdeckt. Der "Newsletter für die österreichische Verwaltung" fürchtet, dass unsere Thematisierung von Auskunftsverweigerung dazu führen könnte, das Beamte ungerecht behandelt werden könnten. Zitat: "Hier besteht die Gefahr, die an Recht und Gesetz gebundene Verwaltung für Zustände verantwortlich zu machen, die sie nicht beeinflussen können."

So ähnlich muss die Stimmung in den Gründungsjahren der ersten freien Zeitungen gewesen sein. Damals, als die Informationen über das Tun und Lassen von Politik und Verwaltung ausschließlich auf den Kundmachungen des Herrschaftshauses beruhten, und die Untertanen darauf angewiesen waren, was ihnen die Machthaber erzählen wollten - und was lieber nicht. Wie sollten denn einfache Bürger überhaupt wissen wovon sie da in ihren Pamphleten schreiben, nur weil sie plötzlich eine Druckmaschine bedienen konnten? Von der Erlaubnis dazu gar nicht zu reden. Schließlich hätten sie ja keine Ahnung was hinter den verschlossenen Türen der Behörden so vor sich ging. Sie würden doch Zusammenhänge und Notwendigkeiten gar nicht begreifen, Sachverhalte falsch darstellen und damit ungerecht in ihrem Urteil sein. Das sogenannte Herrschaftswissen war ja nur Wenigen vorbehalten.

Heute heißen diese Bürger Journalisten, diese Pamphlete Zeitungen und die staatlichen Strukturen haben sich nicht nur daran gewöhnt, sondern feiern die Pressefreiheit als Errungenschaft eines modernen demokratischen Staates. (Wo dies noch immer in Frage steht, braucht es immer noch Stimmen, die das anprangern.)

Doch auch "der moderne demokratische Staat wird wie in absolutistischen Zeiten mit Geheimpolitik und Hinterzimmermauschelei regiert", zitierte die Stadtzeitung "Falter" vergangene Woche aus Jürgen Habermas' "Strukturwandel der Öffentlichkeit".

Die öffentliche (!) Verwaltung ist in ihrem Handeln an das Gesetz gebunden, da hat der Behörden Spiegel recht. Doch auch die Verweigerung von Informationen ist eine Handlung der Behörden.

Wo sich Verwaltungsmitarbeiter zurecht auf das Amtsgeheimnis berufen, wird ihre Begründung dies auch für alle problemlos verständlich machen. Ihre Namen sind dabei nicht obligatorisch. Dort werden wir bei der politischen Führung hinterfragen, ob das betreffende Gesetz nicht überkommen ist. Denn diese darf man "für die Zustände verantwortlich machen", sie können sie nämlich beinflussen. Wo dieses Nicht-Tun von Verwaltungsmitarbeitern gegenüber dem Bürger aber nicht durch Verschwiegenheitspfllichten oder Datenschutz gedeckt ist, ist diese Thematisierung nicht nur zulässig, sondern gesellschaftspolitisch geboten. Ganz im Interesse rechtsstaatlichen Handelns der Verwaltung - oder eben Nicht-Handelns.

Innovationen wurde in Österreich immer gern mit zwei zentralen Argumenten begegnet. Erstens: "Das hamma noch nie g'habt." Und zweitens: "Da könnt ja jeder kommen."

Stimmt. Beides. Es sind aber keine Argumente dagegen, sondern einfach Fakten, die nun eben geschaffen wurden.

Wie Behörden und Politik ab nun damit umgehen, daran wird sich zeigen, ob Habermas' These von der "Geheimpolitik und Hinterzimmermauschelei" aus den sechziger Jahren in einem modernen demokratischen Staat immer noch - und weiterhin - zutrifft.

Wir sind jedenfalls gespannt.