Die Retter müssen in den Höhlen mitunter durch enge Stellen.

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In Neunkirchen fungiert ein alter Rettungswagen als Einsatzfahrzeug.

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Voll bepackt mit Seilen: Der wichtigsten Ausrüstung der Höhlenrettung.

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Im Katasterplan sind alle Höhlen des Einsatzgebietes eingezeichnet.

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Mit der Korbtrage werden die Verletzten transportiert.

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Ernst Fischer ist Landesleiter des niederösterreichischen Verbands.

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Beim Forschen und Klettern in Österreichs Höhlen kommt es immer wieder zu Unfällen. Wegen unachtsamen Bewegungen, mangelnder Erfahrung oder unzureichender Ausrüstung stürzen Personen ab oder geraten in eine andere Notlage. Manchmal kann der Verunglückte von seinen Kameraden gerettet werden, aber manchmal bedarf es professioneller Hilfe.

Sie sind wahrscheinlich die kleinste Rettungsorganisation des Landes und für die knapp über 2.000 Mitglieder der höhlenkundigen Vereine zuständig: die österreichische Höhlenrettung. Seit über zwanzig Jahren retten oder bergen die Freiwilligen verunglückte Menschen aus tiefen Schächten oder dunklen Höhlen. Der niederösterreichische Landesverband zählt 61 Mitglieder und rückt etwa zwei Mal pro Jahr zu Einsätzen aus. Das Einsatzgebiet umfasst dabei tausende Höhlen.

SMS-Alarmierung

Alarmiert werden die Retter laut Ernst Fischer, Landesleiter der niederösterreichischen Organisation, vor allem durch SMS, die vom Notruf 144 verschickt werden. Diese würden dann im Schneeballsystem weitergeleitet werden. Einsatzfahrzeuge gibt es nicht. Meistens erfolgt die Anfahrt im eigenen PKW oder per Christophorus Hubschrauber, wenn es auf einen Berg geht. Die Einsatzstelle Neunkirchen kann im Einsatzfall auch auf einen Rettungswagen aus den 1980er Jahren zurückgreifen. Eine Spende des Roten Kreuz Wiener Neustadts, das auch die Erste Hilfe Kurse für die Retter durchführt. 

Mehr als Erste Hilfe könne am Einsatzort laut Fischer oft nicht geleistet werden. Immerhin gehe es darum, den Verletzten so schnell wie möglich aus der Höhle zu bekommen. Dabei bedienen sich die Retter meistens einer Korbtrage, da sie sich beliebig in alle Richtungen drehen lässt. Beim Aufstieg mittels Faserseilwinde gibt es immer einen Tragebegleiter, der den Verletzten durch Engstellen manövrieren muss. "Dabei kann es natürlich auch sein, dass man den Verunfallten in Position bringen muss, die für seine Verletzungen nicht gut ist", sagt Fischer: "Aber unten bleiben kann nun einmal niemand." Und laut Fischer sei bisher auch noch jede Person gerettet oder geborgen worden.

Österreichweite Zusammenarbeit

Um sich in den Höhlen zu orientieren, besitzt jede Einsatzstelle die gesammelten Werke der Höhlenbücher Österreichs. In diesen ist jede erforschte Höhle des Landes erfasst und größere Höhlen sind auch mit Karten versehen. "Damit man wenigstens eine grobe Übersicht über die Lage unten hat", sagt Günther Gsenger, Einsatzstellenleiter in Neunkirchen. Außerdem seien alle Höhlen des Einsatzgebietes in Katasterplänen eingezeichnet. Handelt es sich um eine nicht erforschte Höhle, ist laut Gsenger "Vorsicht geboten und Improvisation gefragt". 

Spezielle Notruflisten enthalten die Namen aller Höhlenretter Österreichs, da bei größeren Unglücken alle Landesverbände zusammenarbeiten müssen. "Bei kleinen Einsätzen können zwanzig Freiwillige schon reichen", sagt Fischer: "Aber manchmal braucht man eben auch bis zu siebzig Retter an der Unfallstelle". Wichtig seien auch Schulungen in den höhlenkundlichen Vereinen. Hängt ein Kamerad bewusstlos in den Seilen, sind die ersten fünfzehn Minuten entscheidend für sein Überleben. "Man sollte die Person dann so gut es geht abseilen und flach auf den Höhlenboden legen. Ein Hängetrauma kann tödlich sein", sagt der Landesleiter.

Vorkenntnisse gefragt

Anders als beim Roten Kreuz oder der Freiwilligen Feuerwehr kann nicht jedeR Interessierte der Höhlenrettung beitreten. "Eine wichtige Voraussetzung ist, dass man in einem höhlenkundlichen Verein Mitglied ist und schon viel Erfahrung in der Höhlenforschung mitbringt", erklärt Ernst Fischer. Potentielle Mitglieder würden sich daher meistens nicht selbst bei der Organisation melden, sondern müssten aktiv angesprochen und dafür interessiert werden. "Während gemeinsamer Exkursionen lernt man die Menschen kennen und kann schnell einschätzen, ob jemand für die Höhlenrettung geeignet ist oder nicht", erzählt der Landesleiter. Noch immer wären über 70 Prozent der freiwilligen Helfer Männer, doch "immerhin im Vorstand haben wir es geschafft, dass die Frauen in der Überzahl sind".

Finanziert wird die Rettungsorganisation rein über Firmenspenden und private Zuwendungen. Für eine Rettung aus der Tiefe müssen die Verunglückten nichts bezahlen. "Ist man in einem Höhlenverein eingetragen, dann übernimmt die Versicherung die kompletten Kosten", sagt Fischer. (Bianca Blei, derStandard.at, 18.7.2011)