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Ein Brennpunkt ist das Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan.

Foto: REUTERS/Saeed Ali Achakzai

Kandahar/Kabul - Seit Jahresbeginn wurden in Afghanistan 1462 Zivilisten getötet - so viele wie noch nie seit Beginn des Krieges vor zehn Jahren. Das bedeutet einen Steigerung um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

In dem aktuellen Bericht der Vereinten Nationen ist zu lesen, dass es vor allem bei Selbstmordattentaten, deren Zahl nahezu unverändert geblieben sei, einen Anstieg der Todesopfer um 52 Prozent gegeben hat. "Die Zunahme der Gewalt und des Blutvergießens im ersten Halbjahr 2011 bescherte den afghanischen Zivilisten Verletzungen und Tod in einem Ausmaß, dass dies in einem bewaffneten Konflikt ohne Beispiel ist", heißt es in dem Bericht.

Die Chefin der UN-Hilfsmission für Afghanistan (Unama), Georgette Gagnon, erklärte am Donnerstag in einer Pressekonferenz, dass vor allem beim Einsatz der Apache-Kampfhubschrauber erheblich mehr Menschen als im Vorjahr getötet wurden. Bei den umstrittenen nächtlichen Luftangriffen der von der Nato geführten Afghanistan-Schutztruppe (Isaf) kamen in diesem Jahr laut dem Bericht 79 Zivilisten zu Tode; ein Plus von 14 Prozent.

Der jüngste Vorfall soll sich am Mittwoch ereignet haben: Die Provinzregierung in Khost wirft Soldaten der Isaf-Truppe vor, bei einer Militäraktion sechs Bewohner, darunter ein Kind und zwei Frauen, getötet zu haben. Der Sprecher der Isaf wies die Vorwürfe zurück: Bei dem Einsatz seien sechs Mitglieder des radikalislamischen Hakkani-Netzwerkes getötet worden, darunter eine bewaffnete Frau.

Aus Teilen Nordafghanistans fehlen jegliche Informationen über Gewaltopfer in der Zeit zwischen März und Juni. Die UN musste ihre dortige Einrichtung schließen, nachdem der Priester Terry Jones in Florida einen Koran verbrannte, und wütende Afghanen sieben UN-Mitarbeiter töteten.

In Folge eines Angriffs von Aufständischen am Mittwoch - nur einen Tag nach dem Besuch von Staatspräsident Nicolas Sarkozy -, bei dem fünf französische Isaf-Soldaten starben, wird in Frankreich die Abzugsstrategie neu diskutiert. Sarkozy berief am Donnerstag ein Meeting ein, um den angekündigten Rückzug von insgesamt 4000 Soldaten bis 2014 zu organisieren. In diesem Jahr starben 18 französische Soldaten.

Anschlag bei Trauerfeier

Bei einem Selbstmordanschlag auf den Trauergottesdienst für einen Halbbruder des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai sind am Donnerstag in Kandahar mindestens vier Menschen getötet worden. Der Staatschef selbst nahm nicht an dem Gottesdienst für Ahmed Wali Karsai teil, der am Dienstag von einem Leibwächter erschossen worden war.

Unter den Toten sind nach Angaben des Innenministeriums in Kabul ein hoher Geistlicher und ein Kind. Mindestens 15 Menschen seien verletzt worden. Zahlreiche Minister aus Kabul und Angehörige Karsais besuchten den Gottesdienst. "Nach unseren bisherigen Informationen wurde niemand aus der Kabuler Delegation verletzt", sagte ein Regierungssprecher. (Reuters, dpa, juh, STANDARD-Printausgabe, 15.7.2011)