In "Species of Spaces" entwickelt John Kolding Momente des Ungewissen und Veränderlichen.

Foto: Galerie Martin Janda

Wien - Der Begriff einer einzigen gültigen Realität ist Jakob Kolding nicht geheuer - oder sagen wir, er lehnt ihn einfach ab. Und so mischen und verschieben sich in seinen Collagen und skulpturalen Installationen die Ebenen des Realen (Shifting Realities lautet auch der Titel seiner im Jänner 2011 erschienenen Publikation). Er baut Bildwelten aus architektonischen Versatzstücken der Moderne, Figuren und wilden Tieren, ornamentalen und amorphen Formen. Ihre Faszination liegt gerade im Uneindeutigen, Nichtentschlüsselbaren, Nicht-zu-Benennenden. Die veränderliche Bedeutung ist es, was er anstrebt, verrät Kolding.

Was nicht heißt, dass seine Arbeiten kein Thema haben; allein, es bleibt bei Bezügen, die endgültigen, fixen Aussagen über etwas ausweichen. Eindeutige Referenzen muss er also aus seinen Collagen, die den physischen, psychischen und sozialen Raum betreffen, eliminieren. Der Titel seiner Ausstellung in der Galerie Janda - The Uncertainty of the Stability - fügt sich also stimmig in dieses Konzept des Unklaren.

Formal und im Geist steht der in Berlin lebende Däne den dadaistischen und surrealistischen Künstlern des frühen 20. Jahrhunderts, Hannah Höch und Hans Arp, nahe. Er passt aber auch in die Tradition der politischen Collagen von John Heartfield.

In der aktuellen Ausstellung wird das surreale Element allerdings stärker als soziale und politische. Zurückzuführen ist das auf den neofantastischen argentinischen Autor Julio Cortázar, der sogar in einigen der Blätter in utopischen Landschaften oder im ornamental verstellten Urbanen auftaucht. Cortázar setzte surreale Elemente in seiner Literatur jedoch nur sehr sparsam ein, um hie und da die Grenzen der Realität aufzusprengen. Ebenso macht es Kolding, der mehreren parallelen Realitäten verpflichtet ist und diese mitunter zu theaterartigen Kulissen zusammenfügt.

Manchmal dringen seine kritischen Reflexionen zur sozialen Utopie der modernistischen Architektur noch stärker durch: Dass Kolding in einer dieser modernistischen "Wohnmaschinen" (Gropius) aufwuchs, prägte sein Nachdenken über einstige Ideale des Bauens. Merklich wird das im depressiven, verschatteten When was the future? oder in Exchange of Views. Dort nehmen zwei idente Anzugträger unterschiedliche Perspektiven ein: Links und rechts öffnet sich aber dieselbe barocke Scheinarchitektur. Programmatisch ist Systems generating Systems, das modernistische Tristesse mit fantastischen Elementen vereint. Hinter den Gräsern sitzt Alice im Wunderland. (Anne Katrin Feßler / DER STANDARD, Printausgabe, 14.7.2011)