Viele Firmen wollen die Verantwortung nicht mehr übernehmen, Lehrlinge auszubilden. Hier ein Lehrbetrieb von Jugend am Werk.

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Wien - Daniel ist 15. Während seine Freunde ausschlafen und in der Sonne Fußball spielen, nutzt der ehemalige Gymnasiast seine Zeit dazu, sein Taschengeld aufzubessern. Nach Absenden der Bewerbung ließ die Zusage für eine Lehrstelle im Metallbau nicht lange auf sich warten. Andere Jugendliche wollen aber nicht nur ihre Ersparnisse aufbessern - für sie ist der Job existenziell. Doch so rasch wie Daniel finden sie keine Stelle.

Laut Statistik Austria beträgt die Arbeitslosenquote in Österreich bei Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren 8,8 Prozent - ein Anstieg von 1,4 Prozent gegenüber dem letzten Quartal. Zwar rangiert Österreich mit diesem Wert an dritter Stelle der geringsten Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der EU, und dennoch betrifft die Problematik fast jeden elften Jugendlichen.
Fehlendes Basiswissen

"Man muss sich auf das Wesentliche bei der Ausbildung konzentrieren. Grundsätzlich hapert's am Basiswissen der Lehrstellensuchenden", meint Hubert Hilgert, Gründer der Vermittlungsplattform lehrberuf.info. "Teilweise können Bewerber für technische Berufe nicht einmal prozentrechnen." Auch schlechtes Benehmen sei oft die Ursache für eine Ablehnung seitens des Unternehmens.

Eine gute Ausbildung sei jedenfalls der Schlüssel, um Arbeitslosigkeit zu verhindern, weiß auch Beate Sprenger vom AMS Wien.

Walpurga Eder, Beraterin beim Werkstätten- und Kulturhaus Wuk, einer Beratungsstelle unter anderem für arbeitssuchende Jugendliche, sieht die Hauptgründe für Jugendarbeitslosigkeit nicht nur im fehlenden Basiswissen: "Der Lehrstellenmarkt ist ein hartes Pflaster", meint sie und verweist auf das zwar offerierte, aber oftmals nicht angenommene Unterstützungsangebot.

Auch das fehlende Durchhaltevermögen sei ein bedeutender Grund für das Scheitern. "Viele Jugendliche brechen die Bewerbungsphase aus Frust ab. Die Anforderungen bei den Auswahlverfahren steigen stetig. In manchen Branchen müssen die Jugendlichen mehrere Auswahlrunden überstehen - dann nicht genommen zu werden ist extrem hart. Wer da nicht aufgibt, ist ein zäher Knochen - Hut ab!", sagt Eder.

Ein weiteres Problem sei die mangelnde Berufserfahrung der Jugendlichen. AMS-Expertin Sprenger erklärt: "Jugendliche, die direkt aus der Ausbildung kommen, haben meistens nur wenig Berufspraxis." Eder kritisiert: "Ein Lehrling soll so gut 'funktionieren' wie ein erwachsener Arbeitnehmer." Auch der massive Rückgang der Lehrstellen trage erheblich zur Jugendarbeitslosigkeit bei. "Das hängt mit dem Strukturwandel zusammen. Produktionsbetriebe, die früher einen Großteil der Lehrausbildung übernommen haben, werden weniger, in der Dienstleistungsbranche ist die Lehrausbildung weniger verankert", begründet Sprenger die Situation.

Eder sieht das Problem jedenfalls auch aufseiten der Unternehmen verankert: "Viele Firmen wollen die gesellschaftliche Verantwortung, junge Menschen auszubilden, nicht mehr übernehmen. Einen Jugendlichen drei Jahre durch dick und dünn zu tragen ist anstrengend."
"Sozialen Druck ausüben"

Zur Problemlösung schlägt die Beraterin vor, verstärkt Kurse, Projekte und Beratung anzubieten, und fordert größere Firmen dazu auf, vermehrt Lehrlinge aufzunehmen. Sollte dies nicht möglich sein, müsse man mit sozialem Druck auf die Firmen reagieren.

Der Pressesprecher von Sozialminister Rudolf Hundstorfer, Norbert Schnurrer, verweist auf die Erweiterung der Fördermodelle für ausbildende Betriebe im Jahr 2008, um die Anzahl der Ausbildungsplätze und die Qualität der Lehrlingsausbildung zu erhöhen. "Eine Attraktivierung der betrieblichen Lehrausbildung mit einhergehendem Ausbau der qualitätssichernden Elemente sowie ein qualitätsförderndes Anreizsystem für die Betriebe werden auch längerfristig die Ausbildung der benötigten Fachkräfte absichern."

Besonders junge Migranten haben es am österreichischen Arbeitsmarkt schwer. Laut einem Bericht des Wirtschaftsministeriums ist davon auszugehen, dass ein Drittel bis maximal die Hälfte der jungen Migranten ohne weiterführenden Bildungsabschluss aus dem Bildungssystem ausscheidet, während bei den Jugendlichen ohne Migrationshintergrund dieser Anteil deutlich unter zehn Prozent liege. Dieses Phänomen spiegelt sich auch in der Gesamtbevölkerung wider: 10,2 Prozent aller Migranten in Österreich haben keinen Job, wobei die Arbeitslosenquote der österreichischen Staatsbürger bei "nur" 4,1 Prozent liegt.

"Die Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund endet oft mit der Pflichtschule. Es ist schwer, direkt vom Ausbildungssystem in den Arbeitsmarkt reinzukommen, vor allem in Ballungszentren, wo der Anteil an Migranten höher ist", berichtet Sprenger. Außerdem fehlen den meisten dieser Jugendlichen die nötigen Kontakte zur Arbeitswelt. "Das Netzwerk, das dabei hilft, einen Job zu finden, ist bei Familien, die schon lange in Österreich leben, einfach besser ausgeprägt." (Stefan Mayer, Florian Pimminger, Mattias Fabian, Oliver Peck, SCHÜLERSTANDARD, Print-Ausgabe, 13.7.2011)