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Peter Filzmaier zum Konflikt der ÖVP-Spitze mit Ex-Frauenministerin Rauch-Kallat: "Auch in Unternehmen kann man nicht so agieren."

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Der Politologe Peter Filzmaier meint, dass "Töchter" in der Bundeshymne durchaus Symbolthema für wichtige Wählerschichten sein könnte. Für ihn liegt der Verdacht nahe, dass beim vorübergehenden Verhindern von Maria Rauch-Kallats Gesetzes-Antrag interne Konflikte eine Rolle spielten. derStandard.at bat ihn zum Gespräch über die Performance von Michael Spindelegger und seinem Team.

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derStandard.at: Können zum Thema "Töchter" in der Bundeshymne Wählerstimmen gewonnen oder verloren werden?

Filzmaier: Die ÖVP hat ein Problem: Eine Geschlechterkluft bei ihren Wählern. Sie hat mehr männliche als weibliche Wähler, das ist im internationalen Vergleich typisch für Mitte-Rechts-Parteien. Sie hat vor allem Schwierigkeiten bei 30-60-jährigen Frauen im urbanen Raum. Diese Wählergruppe ist meist Wechselwähler und durchaus bereit, ihr Kreuz auch bei SPÖ oder Grünen zu machen. Hier hat man beispielsweise die Wahl in Salzburg verloren, da diese Gruppe SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller gewählt hat.

Für diese Frauen könnte das Symbolthema Bundeshymne wichtig sein, tatsächlich hat man bei keiner früheren Wahl abgetestet, ob dieses Thema über Wählerstimmen entscheidet. Die Vorgehensweise wirkt so, als wäre sich die ÖVP des Problems bewusst, aber innerlich nicht überzeugt davon, so könnte man das Verhalten erklären. 

derStandard.at: Wie beurteilen Sie die Argumentation, die Blockade von Rauch-Kallats Rede sei primär aufgrund der Art und Weise ihres Vorgehens erfolgt und weniger aufgrund des Inhalts? 

Filzmaier: Der Verdacht liegt nahe, dass hier interne Konflikte ausgetragen und alte Rechnungen beglichen wurden. Es erweckt den Eindruck, als gäbe es Konflikte auf der persönlichen Ebene, die möglicherweise ein Motiv für Rauch-Kallat oder das Verhalten der Männer gewesen seien. Man muss sich jedoch der Außenwirkung bewusst sein, auch in Unternehmen kann man nicht so agieren. 

derStandard.at: Wie beurteilen Sie die Performance von Michael Spindelegger?

Filzmaier: Spindelegger als Person hat relativ gute Imagedaten, mit denen er gut leben kann. Er hat allerdings die strukturellen Probleme der Partei nicht gelöst. Laut einer IMAS-Umfrage vom Mai schreiben nur 13 Prozent der Wähler der ÖVP eine klare Zielvorgabe zu. Das zeugt von konzeptionellen Problemen und einer wahrgenommenen Inhaltsleere. Spindeleggers zweites Problem ist seine ÖAAB-Herkunft. Diese hat das Image einer Beamtenvertretung. Tatsächlich gibt es in Österreich aber dreimal mehr privat Beschäftigte. Der Teamwechsel und die Ablöse von Pröll sind Spindelegger aber gelungen. 

derStandard.at: Kritik von den ÖVP-Frauen, kritische Stimmen aus der Steiermark, den Wirtschaftsflügel im Nacken: Wird Michael Spindelegger diesem Druck gewachsen sein?

Filzmaier: Ja. Die Frauenorganisationen sind intern relativ schwach, sie erzeugen vielmehr eine starke Außenwirkung. Die spürbare Unzufriedenheit des Wirtschaftsbundes nach der Regierungsumbildung war für Spindelegger gefährlicher. Die Frauenorganisationen müssen selbstkritisch die Frage nach ihrer Effektivität stellen, wobei dies natürlich auch von der Partei abhängt - gewissermaßen ein Henne-Ei-Problem also, was zuerst da war: Die Schwäche der ÖVP-Politikerinnen in der eigenen Partei oder das Problem, meistens mehr Männer als Frauen unter den Parteiwählern zu haben. Daher müssen die Frauenorganisationen gemeinsam mit der Partei daran arbeiten, ihren Stellenwert zu erhöhen. 

derStandard.at: Glauben Sie, dass der  Streit zwischen der steirischen Landespartei und der Bundespartei tatsächlich beigelegt wurde? 

Filzmaier: Aus der Außensicht gibt es noch viele offene Fragen, etwa ob es eine Front zwischen Landesorganisationen und Bund oder Fronten beispielsweise innerhalb des ÖAABs gab. Ich denke, dass die Konflikte zwischen Landesparteispitze und Bundespartei bereinigt sind, es stellt sich aber die Frage, ob es in den unteren Ebenen nicht komplexere Konflikte gibt. (Fabian Schmid, derStandard.at, 13.7.2011)