November 2010, Madrid: Demo nach der Räumung des Protestcamps in El Aaiún. Die jungen Sahrauis fordern die Rückkehr zu den Waffen.

Foto: Reiner Wandler

Am Samstag den 9. Juli erblickt mit der Republic of South Sudan (RoSS) ein neuer Staat das Licht der Welt. Der Süd-Sudan wird nach einem Referendum Anfang Januar, in dem sich die Bevölkerung für die Unabhängigkeit des Landstriches in der Sahara ausgesprochen hat, offiziell zum 54. Land Afrikas. Erstmals werden damit die Grenzen die in der Kolonialzeit mit dem Lineal am Reißtisch gezogen worden warenn, der Realität angepasst. Bisher war dies auf dem schwarzen Kontinent ein Tabu.

Auf der anderen Seite der Wüste, in der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara, wird der südsudanesische Unabhängigkeitsprozess mit Interesse und voller Neid verfolgt. Auch hier haben sie einen eigenen Staat. Die Demokratische Arabische Republik Sahara wurde 1976 von der Befreiungsbewegung Polisario ausgerufen. Sie stemmte sich verzweifelt den marokkanischen Truppen von König Hassan II. entgegen. Dieser hatte mit seinem Grünen Marsch 1975 Hunderttausende von Zivilisten über die Südgrenze geschickt, um die spanische Westsahara zu besetzen. Spaniens Diktator Francisco Franco lag im Sterben und trat die Ländereien am Atlantik, gegenüber den Kanarischen Inseln, an Marokko und Mauretanien ab. Völkerrechtswidrig, da ohne Referendum, in dem die angestammte Bevölkerung ihren Wunsch hätte zum Ausdruck bringen können, wie dies die Vereinten Nationen vorsehen.

Marokko annektierte die nördlichen zwei Drittel der Westsahara, Mauretanien das südliche Drittel. Gegen Mauretanien gewann die Polisario 1979 den Krieg. Daraufhin okkupierte Marokko die gesamte Westsahara und vertrieb Zehntausende Sahrauis. Sie wurden mit Napalm bombardiert, Brunnen wurden vergiftet. Über die Hälfte der ursprünglichen Bevölkerung lebt heute in Flüchtlingslagern im westalgerischen Tindouf. Dort residiert auch die Exilregierung der DARS. Marokko errichtete einen über 2000 Kilometer langen Wall aus Sand und Steinen um die besetzten Länderreien zu schützen. Die Wüste wurde vermint.

Zwar wurde 1991 unter der Vermittlung der Vereinten Nationen ein Waffenstillstand zwischen Marokko und der Polisario geschlossen, doch zur vorgesehen Volksabstimmung über die Zukunft der Westsahara kam es nie. Marokko erkennt die Wählerlisten der UNO nicht an, und spielt so auf Zeit, während die Flüchtlingen in den Camps in Vergessenheit geraten.

In den letzten Jahren ist Marokko dazu übergegangen, eine Volksabstimmung als unwägbar zu bezeichnen. Stattdessen will Rabat den Sahrauis eine Autonomielösung aufzwingen. Proteste der Bevölkerung, wie ein Camp mit 20.000 Demonstrierenden vergangenen November nahe der ehemaligen Hauptstadt der Westsahara El Aaiún, werden blutig niedergeschlagen.

Der Chef der Polisario und Präsident der Exilregierung der DARS Mohamed Abdel-Aziz gehörte zu den Ersten, der nach gewonnenem Referendum in den Süd-Sudan reiste, um zu gratulieren. "Marokko als Besatzermacht ist verpflichtet, die Rechte des sahrauischen Volkes auf Selbstbestimmung anzuerkennen. Früher oder später wird sich der Wille des Volkes durchsetzen", ermutigte der Regierungschef des Süd-Sudan, Salva Kirr den Präsidenten der Sahrauis.

Doch in Madrid, Paris Washington und Brüssel sehen sie das anders und unterstützen weiterhin Marokko und damit den Bruch des Völkerrechtes. Immer mehr verzweifelte, junge Sahrauis verlangen von ihrer Führung den erneuten Griff zu den Waffen.