Alles schläft, einsam stürmt: Der Saturn am 24. Dezember 2010 mit dem Unwetter (oben), das hier erst eine Ausdehnung von 10.000 mal 17.000 Kilometern hat.

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Mittlerweile erstrecken sich die Sturmwolken in einer Breite von 10.000 Kilometer um den gesamten Planeten.

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London/Graz/Wien - Seit Dezember 2010 tobt auf der Nordhalbkugel des Saturn ein wahres Monsterunwetter. Gewitterstürme auf dem Ringplaneten sind keine Seltenheit. Doch das, was die Forscher in den letzten Monaten mithilfe des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte Eso und der Saturnsonde Cassini beobachteten, kommt nur rund alle 30 Jahre vor, konkret: seit 1876 zum sechsten Mal.

Da sich die astronomischen Beobachtungsmöglichkeiten in den letzten Jahren stark verbessert haben, ist der aktuelle "Große Weiße Fleck", wie ein solcher Megasturm wegen seines Aussehens genannt wird, der am besten erforschte seiner Art. Bereits Ende Mai erschien im Wissenschaftsmagazin Science (Bd. 332, S. 1413) eine erste Beschreibung des Wetterphänomens, das Anfang Dezember als gerade einmal zwei Kilometer große Wolke begann und mittlerweile eine Fläche bedeckt, die der achtfachen Erdoberfläche entspricht.

Nun legen gleich zwei Forschergruppen im britischen Konkurrenzblatt Nature (Bd. 475, S. 71 und S. 75) weiteren Analysen des Sturms nach. Während ein spanisches Team Einblick in die Dynamik des etwa 10.000 km breiten "Sturmstreifens" gibt, der 200 Kilometer unterhalb der Saturnoberfläche entstanden sein dürfte, analysierte ein Team um den Grazer Astronomen Georg Fischer vom Grazer Institut für Weltraumforschung der ÖAW die Radiostrahlung des Sturms.

Den Riesensturm nämlich begleiten heftige Blitzaktivitäten, die kaum vorstellbare Energien freisetzen: "Die Blitzentladungen sind rund 10.000-mal stärker als jene, die auf der Erde auftreten", so Fischer. Da es mehr als zehn Mal pro Sekunde blitzt, entspricht die dabei freigesetzte Energie jener, die unser Planet in einem Jahr von der Sonne erhält. 

Frühlingsgewitter

Während in letzter Zeit kleinere Gewitterstürme auf der Südhalbkugel beobachtet wurden, ist dieser nun nach vielen Jahren der erste im Norden, wo laut Fischer im August 2009 der Frühling begann. Fischer vermutet schon seit längerer Zeit eine - aus Sicht des Saturns gesehene - jahreszeitliche Abhängigkeit der Stürme und hat ein entsprechendes starkes Ereignis frühestens 2017 erwartet. "Wir wissen nicht, warum es schon so früh aufgetreten ist", so Fischer." Für Ende 2010 hat er ausgehend von früheren Beobachtungen im jahreszeitlichen Ablauf am Saturn - einen kleineren Sturm in der nördlichen Hemisphäre vorhergesagt. "Dass er aber so riesig wird, hätte ich nicht gedacht", zeigt sich Fischer beeindruckt. (tasch, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 07.07.2011)