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Scharfe Kritik musste sich am Mittwoch die Ratingagentur Moody's für die Herabstufung der portugiesischen Kreditwürdigkeit gefallen lassen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso bedauerte das Downgrade und meinte, Ratingagenturen seien "nicht immun gegen Fehler".

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New York / Lissabon / Wien - Die Aufregung war wieder einmal groß. Nachdem die Ratingagentur Moody's in der Nacht auf Mittwoch die Kreditwürdigkeit Portugals neuerlich um vier Stufen auf Ba2 (spekulative Anlage, Anm.) heruntergesetzt hatte, kamen Aktien von Banken europaweit unter Druck, auch der Euro gab nach.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso meinte, Ratingagenturen seien "nicht immun gegen Fehler". "Wir müssen den Einfluss der Ratingagenturen begrenzen", forderte Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble. Portugals Regierung klagte, Moody's habe die jüngst eingeführte Sondersteuer und die politische Unterstützung für den Sparkurs nicht berücksichtigt.

Warum aber hat Moody's den Schritt gesetzt? Zunächst hat die Debatte über eine Beteiligung privater Investoren am zweiten Griechenland-Rettungspaket für Verunsicherung gesorgt. Moody's meint, es gebe auch im Fall Portugals ein steigendes Risiko, dass nach dem 78-Milliarden-Paket, das im Mai verabschiedet wurde, ein zweites Hilfspaket nötig werden könnte. Und da die Politik bestrebt sei, künftig private Investoren zu beteiligen, würde das die Attraktivität portugiesischer Staatsanleihen reduzieren.

Ziele verfehlt

Als zweiten Grund führt die Ratingagentur an, dass Portugal das mit EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds (IWF) vereinbarte Ziel, das Defizit bis 2013 unter drei Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken, verfehlen könnte. Und ganz abwegig ist das nicht: Im ersten Quartal 2011 hat Portugal den Zielwert von 5,9 Prozent Defizit deutlich verfehlt. Der Abgang lag bei 7,7 Prozent.

Darum gibt es an den Finanzmärkten massive Zweifel, dass die Annahmen von EU und IWF halten werden. Das Problem zu optimistischer Annahmen gab es schon beim ersten Griechenland-Paket. Die Wirtschaft schrumpfte im Vorjahr stärker als erwartet (minus 4,5 Prozent), bei der Steuereintreibung lag man unter Plan - nicht zuletzt, weil viele Beamte abgebaut wurden. Und schließlich lief auch der Privatisierungsprozess (bis 2015 erwartet man sich 50 Milliarden Euro) erst verspätet an.

In der Zwischenzeit wird fleißig am zweiten Griechenland-Paket gearbeitet, es gibt aber kaum mehr Investoren, die die Prognosen von EU und IWF ernst nehmen. Bei Griechenland rechnen die Märkte zu 80 Prozent mit einer Pleite (siehe Grafik). Bei Portugal liegt die Ausfallswahrscheinlichkeit auch bereits bei fast 50 Prozent. Trotz neuerlicher Sparpakete in beiden Ländern waren die Risikoaufschläge Ende Juni deutlich höher als noch im ersten Quartal 2011. Bei Griechenland haben sie um mehr als 100 Prozent zugelegt, bei Portugal um 38 Prozent.

Nichtsdestotrotz ist auch die aktuelle Griechenland-Prognose von EU und IWF von viel Optimismus getragen. Ab nächstem Jahr soll das Land wieder wachsen, ab 2016 sogar mit durchschnittlich drei Prozent. Dadurch wird erwartet, dass die Staatsschuldenquote von 2014 bis 2020 um jährlich mehr als sechs Prozent gesenkt werden kann. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.7.2011)