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Japanische Soldaten bei der Suche nach Opfern nach dem verheerenden Tsunami im März dieses Jahres: Damit Krisenmanagement effizienter wird, entwickeln österreichische Forscher IT-Lösungen.

Foto: APA/EPA/DAI KUROKAWA

Druckwelle einer Autobombe (500 kg Sprengstoff) auf eine Menschenansammlung im Freien; alle rot markierten Personen erleiden tödliche Verletzungen.

Grafik: Uni Salzburg

Die Tsunami-Katastrophe in Japan hat gezeigt: Je größer das Unglück, desto mehr Einsatzkräfte sind involviert, umso komplexer wird die Koordination der Hilfe. Und das bei einer zum Großteil zerstörten oder nur bedingt verfügbaren Infrastruktur.

An zwei österreichischen Universitäten forscht man deshalb im Rahmen eines EU-Projekts an Software-Tools, die das Krisenmanagement unterstützen und verbessern sollen. An der Universität Salzburg werden strategisch wichtige Objekte, wie Flughäfen, Kraftwerke und Kommunikationszentralen digital erfasst, um damit Katastrophenfälle zu simulieren. An der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt werden Daten, die bei Großeinsätzen anfallen, so gefiltert und verarbeitet, dass nur die relevanten Informationen, aber die dafür im geeigneten Format, bei Hilfsdienstleisten- den und Entscheidungsträgern ankommen.

Die IT-Lösung eines Wiener Jungunternehmens wiederum hilft derzeit in Japan das Mobilfunknetz trotz geringeren Energieverbrauchs aufrechtzuerhalten. Die neuartige Software ermittelt, ob und unter welchen Bedingungen Sendeanlagen abgestellt werden können, ohne die Netzabdeckung entscheidend einzuschränken. An der Uni Salzburg wiederum werden unter der Leitung des Risikoexperten Friedrich Steinhäusler dreidimensionale Abbildungen von wichtigen europäischen Infrastrukturbauten entwickelt. "Damit kann beispielsweise simuliert werden, welche Auswirkungen eine Autobombe auf welche Teile eines Gebäudes hat", sagt Steinhäusler.

Vorhersagen treffen

Die 3-D-Simulationen können nicht nur helfen, realistische Trainingsszenarien zu entwerfen, sie sollen im Ernstfall auch vorhersagen, wie groß ein Unfallschaden ist (siehe Grafik) oder welche Gebäudeteile als Erstes zu evakuieren sind.

Die Forschungsarbeit ist Teil eines EU-Projekts, das im April dieses Jahres startete. "Bridge", so der Name des Projekts, steht für die Verbindung von europäischen Ressourcen und Hilfsdienstleistern in transnationalen Katastropheneinsätzen. Hermann Hellwagner, Leiter der Arbeitsgruppe Multimediakommunikation an der Universität Klagenfurt, weiß, dass bei solchen Großeinsätzen riesige Mengen an Daten anfallen. Zum einen sind das Geodaten, Kamerabilder oder Sensormesswerte vom Ort der Katastrophe, zum anderen sind das Datenbankeinträge und Informationen der Hilfsorganisationen oder Simulationsergebnisse, wie die von der Universität Salzburg.

Informationen filtern

"Diese Fülle an Daten wird unüberschaubar, vor allem, wenn man erwägt, auch Daten diverser Web-2.0-Anwendungen, wie beispielsweise Twitter, mitzuberücksichtigen", gibt Hellwagner zu bedenken. Seine Mitarbeiterin Daniela Pohl entwickelt deshalb Algorithmen, die diese Informationen von Redundanzen bereinigen, sie nach Vertrauenswürdigkeit gewichten und nach ihrer Relevanz filtern. "Die gefilterten Daten sollen den Entscheidungsträgern im Katastrophenfall den bestmöglichen Überblick verschaffen", sagt Pohl, die im Rahmen des Bridge-Projekts ihre Dissertation schreiben wird.

Ihr Kollege Christian Raffelsberger sorgt dafür, dass die Darstellungsform der Informationen auf die jeweiligen Bedürfnisse der Informationsempfänger angepasst werden. "Es nützt nichts, wenn ich ein hochaufgelöstes Bild an ein Handy schicke, das diese Auflösung aber gar nicht darstellen kann", erklärt Raffelsberger. Je mehr Wissen er seinen Algorithmen über die Situation des Endnutzers, dessen Empfangsgerät und über das bereitgestellte Netzwerk zur Verfügung stellen kann, desto besser wird das Informationsformat auf diesen Endnutzer zugeschnitten.

Das Sammeln dieser Informationen gestaltet sich bei den mitunter nur provisorisch errichteten Netzwerken jedoch als schwierig. Gerade bei schwankenden Leistungen im Netzwerk wären diese Metadaten aber besonders wichtig. Mit mobilen Netzwerken und deren Energieverbrauch arbeiten auch die Entwickler des Wiener Unternehmens Symena. Sie erstellen Software, die Netzbetreibern hilft, Energie zu sparen. Das ist momentan besonders für ihre japanischen Kunden wichtig, da durch den Unfall im Atomkraftwerk Fukushima im Norden der Hauptinsel Honshu sparsam mit Energie umgegangen werden muss.

Das Prinzip des Energiesparens ist einfach. Man kann in Zeiten geringer Netzauslastung Sendestationen einfach deaktivieren. Die Schwierigkeit dabei ist, dass die Netzabdeckung darunter nicht leiden darf. Hier setzt die Software von Symena an, erklärt Unternehmensgründer Thomas Neubauer: "Sie errechnet nicht nur, welche Sendestationen abgeschaltet werden können, sondern auch, wie Parameter für die restlichen Antennen geändert werden müssen, damit die gesamte Netzabdeckung erhalten bleibt."

Reichweite erhöhen

Die wichtigste Parameteränderung ist dabei der Neigungsgrad der Sendeantennen. Diese sind meist an erhöhten Positionen angebracht und werden leicht nach unten geneigt, damit sie möglichst viel Sendeleistung an die Nutzer bringen. Wenn der Neigungswinkel verringert wird, verringert sich auch die Leistung, die nach unten gesendet wird, dafür erhöht sich die Reichweite der Antenne.

Neubauer vergleicht das mit einem gewöhnlichen Gartenschlauch: "Wenn ich den Gartenschlauch nach unten halte, verteile ich mehr Wasser auf eine geringere Fläche. Wenn ich ihn nach oben halte, wird die Fläche, die ich mit der gleichen Menge an Wasser versorge, größer."

Neubauer gründete Symena 2002 mit zwei weiteren Kollegen über das Seedfinanzing der Förderbank Austria Wirtschaftsservice AWS. Mittlerweile sind am Spin-off der Technischen Universität Wien zwölf Mitarbeiter beschäftigt. (Markus Guldenschuh/DER STANDARD, Printausgabe, 06.07.2011)