Foto: Baur

"Ist das Ihre erste Reise? Tsi iz dos ayer ershte reize?", hört man die Stimmen aus den Lautsprechern fragen - und ist schon mitten auf der Reise durch Assoziationen aus jiddischer und deutscher Sprache des New Yorkers Neil Benezra.

Der Künstler und Sounddesigner, der derzeit etwa für den Regisseur Abel Ferrara an dessen neuem Film 4:44 Last Day on Earth arbeitet und gerade eine Arbeit mit Oscar-Moderator James Franco abgeschlossen hat, präsentiert ab Freitag in der Werkstatt Graz sein Projekt Train.

Es ist eine sehr persönliche Arbeit. Denn Neil Benezra wurde zu der Sound-Installation durch eine Reise durch Deutschland mit dem Zug inspiriert, die rund 15 Jahre her ist. Damals wurde der junge Amerikaner morgens von einer deutschen Durchsage im Zug geweckt, ohne gemerkt zu haben, dass er schon über deutschen Boden rollte.

"Ich war etwas schlaftrunken, aber auch irritiert, denn mein Lehrer in der Hebräischschule zu Hause war ein Überlebender des Holocaust, und die deutsche Sprache hatte - auch durch Hollywoodfilme über Nazis - bis dahin eine negative Konnotation für mich", erzählt Benezra dem Standard .

Erst durch spätere Reisen und das Kennenlernen deutschsprechender Menschen entdeckte er eine andere Komponente im Deutschen, die in ihm positive, weil vertraute Assoziationen weckte: Die Sprache erinnerte ihn an Jiddisch, das seine Großeltern sprachen, die schon vor dem Zweiten Weltkrieg in die USA ausgewandert waren.

In Train dürfen Besucher in den Sound dieser Geschichte von Sprachen und deren Geschichte eintauchen. Auch der Michael-Haneke-Film Das weiße Band wurde für Neil Benezra ein "theatralischer Einfluss".

Die Sound-Installation könnte auch bald in einem echten Zugabteil zu hören sein: Benezra ist mit den ÖBB darüber in Verhandlung. Vielleicht wird es 2012 auf Österreichs Schienen heißen. "Forn iz an avanture, also: Reisen ist ein Abenteuer!" (cms/DER STANDARD, Printausgabe, 6. 7. 2011)