Probleme im Bildungsbereich

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Wien - Fast die Hälfte der Zugewanderten, die in den vergangenen zehn Jahren ins Land kamen, ging nach fünf Jahren wieder weg. Das geht aus dem aktuellen Integrationsbericht hervor.

45 Prozent der 2002 bis 2005 Zugewanderten haben Österreich inzwischen wieder verlassen. Der größte Teil der Zugewanderten kommt aus EU-Ländern. Am längsten bleiben die Türken, gut drei Viertel von ihnen waren nach fünf Jahren noch hier.

Im Jahr 2010 ist die Zuwanderung wieder angestiegen, während die Abwanderung gleich hoch blieb. Erhöht hat sich vor allem die Zuwanderung aus Rumänien, Ungarn, der Slowakei und Polen. Insgesamt leben 59.000 EU-Bürger in Österreich, den größten Anteil stellten die Deutschen (18.000). 39.000 Zuwanderer kamen aus Drittstaaten, ein Drittel davon aus den Staaten des früheren Jugoslawien und dem restlichen Europa, ein weiteres Drittel aus Asien und Afrika. Gering fiel die Zuwanderung aus der Türkei (4.000) aus.

Während insgesamt 87.000 Personen im Vorjahr das Land verließen, wanderten 114.000 Personen zu.

Weniger Asylsuchende, weniger Einbürgerungen

Auf 11.000 verringert hat sich die Zahl der Asylwerber; die meisten kamen aus der Russischen Föderation, vor allem Tschetschenien, aber auch aus Afghanistan, dem Kosovo, Nigeria und Indien.

Wie bereits in den vergangenen Jahren ist auch im Vorjahr die Zahl der Einbürgerungen wieder gesunken. Von 8.100 im Jahr 2009 auf 6.135 im Vorjahr. Eingebürgert wurden vor allem Ex-Jugoslawen und Türken.

18,6 Prozent der Gesamtbevölkerung

Insgesamt leben in Österreich 1,543 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, gehören also der ersten oder der zweiten Generation an. Das sind 18,6 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Von den Menschen mit Migrationshintergrund waren 1,139 Millionen im Ausland geboren, 404.600 gehörten der "zweiten Generation" an. Die größte Herkunftsgruppe stellte zum Stichtag 1. Jänner 2011

Deutschland (220.000), gefolgt von
Serbien, Montenegro und Kosovo (209.000),
der Türkei (185.000),
Bosnien und Herzegowina (131.000),
Kroatien (70.000),
Rumänien (68.000),
Polen (60.000),
der Tschechischen Republik (45.000),
Ungarn (41.000) und
Italien (29.000).

Die Migranten leben konzentriert in wenigen Regionen: Nur zehn Prozent der Gemeinden nahmen mehr als 80 Prozent der Ausländer auf, 40 Prozent entfielen alleine auf Wien.

Eingebürgerte haben weniger Babys

Den 2010 ausgewiesenen Geburtenüberschuss von 1.543 verdankt Österreich den Zuwanderern. Denn bei den Österreichern überwogen 2010 die Sterbefälle (mit 7.374), bei den Ausländer die Geburten (8.917). Österreicherinnen gebaren durchschnittlich 1,32 Kinder, Frauen ausländischer Herkunft 1,87. Eingebürgerte Frauen haben sich "angepasst", sie bekamen weniger Kinder als ausländische Staatsbürgerinnen (1,50 gegenüber 2,01).

"Handlungsbedarf" im Schulwesen

"Handlungsbedarf" wird bei Jugendlichen konstatiert, die nur Pflichtschule oder keinen Schulabschluss haben. Von den Nichtdeutschsprachigen setzten 14 Prozent die Ausbildung nach der Hauptschule nicht fort, bei den Deutschsprachigen nur vier Prozent. Der Ausländeranteil an maturaführenden Schulen hat sich zwar leicht erhöht (wobei immer noch sehr wenige Türken und Ex-Jugoslawien vertreten sind), aber Schüler mit Migrationshintergrund sind immer noch am häufigsten in Hauptschule, polytechnischem Lehrgang und der Neuen Mittelschule zu finden. Den höchsten Ausländeranteil wies weiterhin die Sonderschule (18,3 Prozent) auf. Festgestellt wurde allerdings auch, dass sich das Bildungsniveau der zweiten Generation deutlich an jenes der Inländer angeglichen hat.

Das niedrigere Bildungsniveau schlägt sich im Erwerbsleben nieder. Migranten waren zu einem weit höheren Anteil als Arbeiter tätig, nämlich zu 47 Prozent gegenüber 23 Prozent - wobei Türken (66) und Ex-Jugoslawen (64) besonders hohe Arbeiteranteile haben. Bei den Inländern überwogen Angestellte und Beamte (zusammen 61 Prozent).

Türken und Zuwanderer aus anderen Nicht-EU-Staaten waren 2010 (mit 13,1 Prozent) doppelt so häufig arbeitslos wie Österreicher. Insgesamt war die Arbeitslosigkeit der Ausländer (mit 9,7 Prozent) damit höher als die der Österreicher (6,9). "Bemerkenswert" ist aber, dass die Langzeitsarbeitslosigkeit bei Ausländern (1,6 Prozent) geringer war als bei Österreichern (2,9). 

Mehr Opfer und Täter

Neuerlich war 2010 auch der Anteil der Ausländer bei Straftaten höher - und zwar sowohl als Täter als auch als Opfer. Mehr als 31 Prozent der Gerichtsurteile betrafen Ausländer. Es wurden rund viermal so viele ausländische Staatsangehörige (1,6 Prozent) verurteilt wie österreichische (0,4 Prozent) - wobei der Anteil der Ausländer auf 1,1 Prozent sinkt, wenn man einbezieht, dass der Anteil der 15- bis 40-jährigen Männer, die als besonders straffällig gelten, bei ihnen höher ist. Umgekehrt wurden ausländische Staatsangehörige doppelt so oft Opfer von Straftaten wie Österreicher.

Niedriger ist die Erwerbsquote der Migranten (65 Prozent gegenüber 73 Prozent) - was vor allem auf die Frauen zurückzuführen ist, und hier wieder auf die Türkinnen, die nur zu 41 Prozent arbeiten gingen. Nicht nur Frauen aus dem EWR-Raum, sondern auch aus Ex-Jugoslawien (62 Prozent) lagen nahe bei den Österreicherinnen.

Gesündere Lebensweise, mehr Wirbelsäulenschäden

Widersprüchlich ist der Befund im Bereich "Gesundheit und Soziales": Migranten haben zwar ein geringeres Einkommen (nur 84 Prozent des mittleren Jahres-Einkommens der Österreicher) und ein höheres Armutsrisiko (24 zu elf Prozent). Aber sie können auf ein recht langes Leben hoffen und leiden seltener an Zivilisationserkrankungen (Herz-Kreislauf oder Allergien) - dafür aber häufiger an Krankheiten durch körperliche Belastung (Wirbelsäule) oder auch Depressionen.

Ein 2010 geborener Österreicher konnte auf 77,6 Jahre Lebensdauer hoffen, eine Österreicherin auf 83,1 Jahre. Bei den Migranten waren es 78,4, bei den Migrantinnen 83,2 - wobei die Türkinnen mit 84,5 Jahren hervorstachen. (APA)