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Ein massiver Brand in dem Erdkeller, in dem Julia Kührers Leiche gefunden wurde, macht es der Polizei extrem schwer, verwertbare Spuren zu finden.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Wurde Michael K. im Fall Kührer Opfer einer Intrige, oder hat die Polizei schlampig gearbeitet? In einem Interview mit dem Kurier behauptet der für die Exekutive Hauptverdächtige, für den die Unschuldsvermutung gilt, Beamte hätten vor zwei Jahren auf seinem Grundstück ohne Ergebnis auch jenen Erdkeller durchsucht, in dem in der Vorwoche die Gebeine von Julia Kührer gefunden wurden. Allein: Laut Polizei ist das schlicht unwahr.

Denn der Besuch bei dem 50-Jährigen fand am Abend des 10. Mai des Vorjahres statt, heißt es im Bundeskriminalamt. Drei Kriminalisten befragten den Mann zum damals noch ungeklärten Verschwinden der 16-Jährigen im Juni 2006. "Es war aber im Gegensatz zu seinen Behauptungen kein Diensthund dabei, und die Kollegen haben den Keller auch nie betreten", erklärt ein Beamter. Im Gegensatz zu seinen Angaben sei der Besuch auch sehr wohl im Ermittlungsakt vermerkt.

Verdächtiger hatte Kontakt mit Jugend-Szene

Die zum damaligen Zeitpunkt vierte Befragung von K. fand nach einem anonymen Hinweis statt, man solle ihn sich doch einmal genauer anschauen. "Für einen Hausdurchsuchungsbefehl hätte das aber natürlich nie gereicht."

Laut Aussagen von Nachbarn und Ermittlern sei Michael K. nicht nur in seiner Videothek am Hauptplatz von Pulkau mit Jugendlichen in Kontakt gestanden. "Er hat auch immer wieder Partys im Ort besucht", schildert eine Bewohnerin von Dietmannsdorf, dem Fundort der Leiche. Der 50-Jährige soll sich auch gerne in Szene gesetzt haben und spektakuläre Geschichten erzählt haben.

Laut Helmut Greiner, Sprecher des Bundeskriminalamtes, versuchen die Gerichtsmediziner in Wien derzeit weiter, die Todesart von Kührer festzustellen. Wann und ob mit einem Ergebnis zu rechnen ist, kann er nicht sagen. Über die Entlassung von K. sei man etwas enttäuscht, er gelte aber nach wie vor als Hauptverdächtiger, stellt Greiner fest.

Dürftige Spurenlage

Die Spurenlage in dem Keller ist aber äußerst dürftig. Denn es habe "einen massiven Brand" gegeben, wie ein Involvierter sagt. Was für Peter Leinzinger, Leiter der Gerichtsmedizin an der Universität Graz, erklärt, warum nur noch die Knochen des Mädchens sichergestellt werden konnten.

Der Mediziner, der nicht in den Fall involviert ist, ist mit einer Einschätzung vorsichtig. "Es lässt sich nicht pauschal sagen, wie lange es dauert, bis eine Leiche skelettiert ist. Es hängt von vielen Faktoren ab: Liegt sie im Freien, ist es feucht, wie ist die Temperatur? Je kühler es ist, desto langsamer zersetzt sie sich naturgemäß."

Auffällig sei, dass im Fall Kührer nur mehr Knochen vorhanden seien, die offenbar nicht mehr miteinander verbunden waren. "Bänder und Gelenkkapseln halten eigentlich ziemlich lange. Hier ist die Frage, ob irgendwie nachgeholfen wurde." Im Falle des Verbrennens können aber Schwierigkeiten auftreten: "Das ist nicht so einfach, wie man es sich oft vorstellt. Um einen Körper komplett zu Asche zu verbrennen benötigt man Temperaturen von 1200 bis 1400 Grad Celsius über einen längeren Zeitraum, mit Benzin erreicht man das sicher nicht."

Frage um das Handy

Bei einer anderen offenen Frage rund um das Verschwinden Kührers ist sich die Polizei ziemlich sicher, eine Antwort zu haben. Das Handy des Teenagers wurde zuletzt in Horn geortet, rund 20 Kilometer vom Fundort der Leiche entfernt. Allerdings ist das Mädchen in der Stadt in die Schule gegangen.

"Sie dürfte das Handy schlicht verloren haben", meint man bei der Exekutive. "Sie hat an diesem Tag entgegen ihrem üblichen Telefonierverhalten keine Anrufe mehr getätigt, und das Handy ist schließlich einfach ausgegangen - der Akku wird wohl leer gewesen sein." Ein Unbekannter dürfte nicht im Spiel sein, da dieser das Mobiltelefon eher schon früher ausgeschaltet oder zerstört hätte. (Michael Möseneder, DER STANDARD-Printausgabe, 5.7.2011)