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Wien - Die Amerikaner taten es, die Russen taten es, die Brasilianer taten es, und sogar Österreich schreckte nicht ganz davor zurück: Die Rede ist von Protektionismus während der Wirtschaftskrise. Insgesamt hat die Initiative Global Trade Alert seit November 2008 weltweit über 1600 Maßnahmen gezählt, die darauf abzielten, inländische Handelsteilnehmer gegenüber ihrer ausländischen Konkurrenz zu bevorzugen.

Solche Maßnahmen können aber sehr leicht nach hinten losgehen. Länder, die auf Protektion setzen, werden nämlich für ausländische Investoren unattraktiv, zeigt eine aktuelle Analyse der deutschen Ökonomen Holger Görg und Christiane Krieger-Boden. Konkret kann die Einführung protektionistischer Maßnahmen die ausländischen Direktinvestitionen um 40 bis 80 Prozent reduzieren. Umgekehrt können sie den vielleicht erwünschten Abfluss von inländischem Kapital ins Ausland kaum bremsen, schreiben die Autoren.

Insgesamt ist der Welthandel während der Krise dramatisch eingebrochen. Wurden 2008 noch Güter im Wert von 33 Billionen Dollar gehandelt, waren es 2009 nur mehr 25 Billionen. Die Direktinvestitionen sanken gleichzeitig von 1,8 auf 1,1 Billionen Dollar.

Als Reaktion darauf wurden in rund 40 Prozent aller Länder Protektionsmaßnahmen beschlossen. Der Großteil, nämlich 70 Prozent, waren klassische Handelsbeschränkungen. Unmittelbar auf die Benachteiligung ausländischer Investoren oder geistiges Eigentum zielten die wenigsten Maßnahmen ab, letztendlich zeigte sich dort aber der größte negative Effekt. Die meisten diskriminierenden Maßnahmen wurden 2009 gezählt, im Laufe des Jahres 2010 sind sie wieder gesunken (siehe Grafik).

Die höchsten Zahlen weisen die USA, Russland, China und Brasilien auf, sagte Görg zum Standard. In Europa wurden die meisten Maßnahmen auf EU-Ebene koordiniert. So wurden Ende 2009 und Anfang 2010 zahlreiche Antidumping-Verfahren eingeleitet, durch die Importgüter aus Indien, China und Brasilien mit besonderen Abgaben belegt wurden.

Beihilfe für Landwirtschaft

In Deutschland wurde der heimische Schiffsbau mittels Innovationshilfe gefördert, in Frankreich wurden erst kürzlich Maßnahmen zur Zinssubventionierung und Exportförderung beschlossen. In der Statistik scheinen aber auch die diversen Bankenrettungspakete als protektionistisch auf, so auch in Österreich. Darüber hinaus gibt es hierzulande nur wenige Maßnahmen, die laut Global Trade Alert Inländer bevorzugen. Angeführt wird die "landwirtschaftliche Kleinbeihilfe", die heimischen Bauern Zuschüsse bis zu 15.000 Euro ermöglicht, oder eine Förderung des Landes Niederösterreich für den Autozulieferer Eybl.

Während der Krise hatten die führenden 20 Industrieländer (G 20) den Löwenanteil aller protektionistischen Maßnahmen zu verantworten. Insgesamt setzen aber noch immer viele arme Länder auf Protektionismus. Durch die Abschottung ihrer Wirtschaft hoffen sie auf starke Exporte. Angesichts des Zusammenhangs mit den Direktinvestitionen könne aber der Schaden, den sie der eigenen Wirtschaft zufügen, schwerwiegend sein, schreiben die Ökonomen. Investitionen aus dem Ausland würden sich nämlich gerade in ärmeren Ländern besonders stark auf Wachstum und Beschäftigung auswirken. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.7.2011)