Sonja Sagmeister trat am Mittwoch in der "ZiB" mit Maske auf: "Kollegen, die keinen Schutz hatten, mussten dauernd husten und niesen."

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Kameramann im Hotel mit Maske.

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Die Situation auf Athens Straßen vom Balkon aus.

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DER STANDARD: Ihr Auftritt mit Gasmaske in der "ZiB" hat unsere Userinnen und User ziemlich beschäftigt: War das Effekthascherei, wie einige vermuteten?

Sagmeister: Viele Szenen waren außerhalb des Bildes. Direkt unter mir haben Straßenschlachten getobt und die Polizei hat massiv Tränengas eingesetzt, das mit Windböen konzentriert aufgestiegen ist. Zum Zeitpunkt meines Liveseinstiegs haben Kameramänner und Kollegen (die etwa aus Bagdad oder Bengasi vieles gewohnt sind) auch im Gebäude Masken getragen, weil die Konzentration so hoch war. Ein deutscher Journalistenkollege hat recherchiert, dass die Polizei alte Tränengaspatronen genutzt hat, die im Jahr 2000 abgelaufen waren.

DER STANDARD: Sie sind zur Wirtschaftsberichterstattung nach Athen geflogen - und waren plötzlich Reporterin an einem Krisenschauplatz. Unter welchen Bedingungen arbeiten Sie dort - und waren Sie darauf vorbereitet?

Sagmeister: Ich bin Wirtschaftsredakteurin und EU-Korrespondentin und bin für Berichte zur Euro-Krise nach Athen gefahren. Kaum jemand hat so eine Ausnahmesituation erwartet. Die Bedingungen waren auch schwierig, weil es immer wieder Stromausfälle gegeben hat, wegen der Streiks des staatlichen Stromkonzerns.

DER STANDARD: Konnten Sie sich ausreichend gegen das Tränengas schützen?

Sagmeister:
Selbst im Gebäude konnte man sich nur mit Masken gut schützen, oder sich in hintere Gänge zurückziehen. Kollegen, die keinen Schutz hatten, mussten dauernd husten und niesen und haben - wenn massive Wellen aufgestiegen sind - zum Teil Liveeinstiege abgebrochen.

DER STANDARD: Haben Sie den Eindruck, dass die jüngsten internationalen Zusagen die Lage in Griechenland entspannen können?

Sagmeister: Nach dieser Eskalation könnte die erste Wut entladen sein. Studenten, Pensionisten, Frauen und Akademiker haben am Tag der Abstimmung mit Steinen geworfen. Das war neu. Wenn man Griechen am Tag danach darauf angesprochen hat, konnte man eine tiefe Traurigkeit spüren, dass es zu einem so allgemeinen Gewaltausbruch quer durch die Bevölkerungsschichten gekommen ist. (fid)