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Die Präsenz der UN-Soldaten im Sudan sieht Macram Gassis (u.) kritisch ...

Foto: REUTERS/Stuart Price/UNMIS/Handout

Er sehe keinen Sinn darin, beobachtet zu werden. Er wolle Handlungen sehen.

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Khartum/Wien - Macram Gassis nennt sich einen "wütenden Bischof". Er reist seit Wochen durch die USA und Europa, um auf die Lage im Sudan, der kurz vor seiner Teilung steht, aufmerksam zu machen. Derzeit tut Gassis das auf Einladung der Organisation "Kirche in Not" in Wien. Er berichtet vom "täglichen Morden" sudanesischer Truppen aus dem Norden, von christlichen Schulen, die aufgrund der Sicherheitslage schließen mussten, von Vergewaltigungen und Sklaverei.

Gassis leitet seine Diözese El Obeid seit 1990 von Kenia aus, da er im Sudan angeklagt wurde, weil er dem US-Kongress von Menschenrechtsverletzungen des Regimes berichtet hatte. Im Sudan herrschte 20 Jahre lang ein Bürgerkrieg, der 2005 beigelegt wurde. Allerdings hat sich die Beziehung zwischen Norden und Süden in den vergangenen Wochen dramatisch verschlechtert.

Am Mittwoch wurde immerhin ein Abkommen unterzeichnet, mit dem der Streit um die zwei umkämpften Gebiete Blauer Nil und South Kordofan beigelegt werden soll. Die beiden Landesteile sollen demnach künftig gemeinsam verwaltet werden. Die Frage, wie mit den Staatsschulden umgegangen werden soll und wie die Aufteilung der Ölvorkommen erfolgen soll, ist nach wie vor strittig.

Gassis sagt im Standard-Gespräch, er sehe die am Mittwoch unterzeichnete Einigung skeptisch - zum Beispiel, weil sie vorsehe, dass die Sudanesische Volksbefreiungsarmee SPLA sich in die Armee des Nordens eingliedere müsse. Das Öl stehe seiner Meinung nach zur Gänze dem Süden zu. In der Zeit, in der Khartum darüber verfügt habe, sei die Hauptstadt schnell gewachsen, der Rest des Landes aber vernachlässigt worden.

Gassis befürwortet die Teilung des Sudan und hofft, dass nach der am 9. Juli erfolgenden Unabhängigkeit des Südens eine "Zeit der Freude" anbreche, sieht aber einige Probleme auf den Süden zukommen, etwa in Bezug auf die Sicherheitslage, aufgrund von Korruption oder wegen Konflikten zwischen Ethnien. Die einen hätten Kühe, die anderen Öl - das berge Konfliktpotenzial.

"Brauchen Handlungen"

Die Uno gab am Dienstag bekannt, dass im Südsudan allein 2011 rund 1400 Menschen ums Leben gekommen seien - viele durch Angehörige der früheren Rebellenmiliz, die ohne Ausbildung in die Sicherheitskräfte des Landesteils übergegangen seien. Gassis zweifelt an den UN-Angaben und äußert Kritik: "Wozu ist die Uno da? Um Statistiken zu erstellen? Wir brauchen keine Beobachter, sondern Handlungen." (Gudrun Springer, STANDARD-Printausgabe, 1.7.2011)