Pflegepatient: Derzeit greifen Behörden aufs Vermögen zu.

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Wien - Verdrängen geht nicht, meint Rudolf Kaske: "Wir sind die Pflegebedürftigen von morgen." Und weil der Chef der Gewerkschaft Vida - Jahrgang 1955 - weder sich selbst noch anderen fatale Zustände wie in Großbritannien wünscht, verlangt er üppige Investitionen ins Pflegesystem.

In 20 Jahren wird die Zahl der über 75-Jährigen von derzeit 662.000 auf eine Million steigen, die Altenbetreuung 8,5 statt vier Milliarden Euro verschlingen. Maximal bis 2014 sind die Kosten durch den neuen Pflegefonds gedeckt, der nun allerdings wieder wackelt (Text unten). Danach, fordern die Gewerkschaften Vida und GPA-djp, soll die Pflege vor allem aus einer Quelle gespeist werden: Steuern auf Vermögen.

"Solidarisch" nennt GPA-Chef Wolfgang Katzian das Modell. Eine allgemeine Vermögenssteuer soll drei Milliarden bringen, eine Milliarde davon für die Pflege. Dazu veranschlagen die Gewerkschafter 450 Millionen aus einer Erbschaftssteuer, 250 Millionen aus einer Erbersatzsteuer für Stiftungen, 150 Millionen aus Lenkungssteuern auf Tabak oder Alkohol und 200 Millionen aus höheren Spitzensteuersätzen: Auf Einkommen ab 60.000 Euro brutto im Jahr gibt's ein Plus von 1,5 Prozent, ab 150.000 Euro sind es fünf Prozent. Im Gegenzug soll der Regress fallen: Derzeit greifen die Behörden auf das Vermögen des einzelnen Betroffenen zu.

Mit den zwei Milliarden Euro Erlös pro Jahr sollen nicht nur die - vorrangig mobilen - Betreuungsangebote ausgebaut, sondern auch die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Chronischen Personalmangel und unattraktive Konditionen beklagt Kaske: Pflegekräfte müssten oft nachts und am Wochenende arbeiten, kurzfristig einspringen und in Morgen- und Abendschichten geteilte Dienste mit langer Zwischenpause hinnehmen. Das mittlere Einkommen beträgt 1564 Euro. Katzian: "Wollen wir den Bedarf an Pflegekräften decken, kommen wir nicht umhin, sie besser zu bezahlen."

Gerade die öffentliche Hand betreibe mitunter "Lohndumping", ergänzt Kaske: Länder wie Salzburg, Vorarlberg und Kärnten versuchten bei ihren Zahlungen an die Pflegevereine die Kollektivverträge zu unterlaufen. Folge der Geldnot: Die gleiche Arbeit müsse von immer weniger Bediensteten erledigt werden.(Gerald John, DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2011)