"Die große Chance" am ORF-Zentrum meint nicht die ORF-Wahl.

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Wien - Rot und Schwarz sind einig in Sachen ORF. Freilich nur über den Verlauf des Stiftungsrats am Donnerstag: "Urfad" wird es nach roter Einschätzung, "langweilig" laut schwarzer Kenntnis.

Dabei beginnt Donnerstag die Bewerbungsfrist für den nächsten Chef des weit größten österreichischen Medienunternehmens mit fast einer Milliarde Umsatz, des Marktbeherrschers oder -führers in TV, Radio und Internet.

Die große Chance prangt vor dem Eingang des ORF-Zentrums. Das meint nicht die Generalswahl am 9. August. Nur eine "Talenteshow", deren Namen der ORF aus dem Fundus holte, weil solche Formate bei RTL & Co. schnurren.

Bis 28. Juli können sich Generalsanwärter bewerben, "Frauen besonders erwünscht". Bis 4. August können Stiftungsräte Kandidaten nachnominieren, wie es 2006 Rot, Orange, Grün und Blau mit Alexander Wrabetz taten. Der bewirbt sich fix, hat mit Rückenwind von SPÖ, Grünen und wohl auch Orange derzeit die meisten Stimmen und besten Aussichten.

Grundlinien und Freundeskreis

Bis Mitte Juli, sagen Strategen in in ORF und Parteien, sollen die Grundlinien geklärt sein. Ob etwa die ÖVP eigene Generalskandidaten in Stellung bringt. Ob sie sich mit der SPÖ und Wrabetz auf eine breitere Mehrheit mit VP-Stimmen im Stiftungsrat einigt. Ob Wrabetz mit ORF-Landesdirektoren schwarze Länderstimmen im Stiftungsrat gewinnen kann.

Die letzte Frage ist für ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch schon geklärt: "Der bürgerliche Freundeskreis wird geschlossen vorgehen", erklärt Rauch auf Anfrage des Standard.

Dass schwarze Stimmen für Wrabetz von ORF-Führungsjobs für Bürgerliche abhängen, will Rauch so nicht stehen lassen: Gerhard Zeiler habe bei seiner Absage als ORF-Kandidat erklärt, dass die ÖVP keine Personalforderungen stellte. - Das galt aber wohl für einen ORF-General Zeiler, sollte man nicht auf Wrabetz schließen.

Rot-schwarze Verhandlungen darüber dürften nach STANDARD-Infos dieser Tage ernst werden.

Bürgerliche ORF-Mitarbeiter laden Donnerstag Parteichef Michael Spindelegger zum "Talk" in die Parteiakademie. Ob er ihnen schon eine Strategie der ÖVP für die ORF-Wahl verraten kann? Sein Sprecher will nur von "allgemeinem Meinungsaustausch" wissen, wie man "das Flaggschiff der österreichischen Medienlandschaft" "schützt und stützt".

VP-Generalsekretär Rauch geht da ins Detail: Weniger US-Serien, mehr österreichische Produktion. Innere Vielfalt und Binnenpluralismus in der Information. Nachhaltige Wirtschaftlichkeit, ja "Existenzfähigkeit". Rauchs Formel dazu: "Besser eine schwarze Null als ein rotes Minus". Wer als schwarzer Gegenkandidat für Wrabetz infrage käme, darüber schweigt der VP-General vorerst.

Oberhauser: "Hirngespinste"

Unter ORF- und Politspekulanten kursiert wieder der 2010 von Wrabetz abgesägte Infodirektor Elmar Oberhauser als Generalskandidat. Er winkt lachend ab: "Hirngespinste von Leuten, die keine Ahnung haben. Das schließe ich aus, der ORF ist wirklich kein Thema." Die Position ist in der Politik definitiv nicht mehrheitsfähig.

Mittwoch interessierten die Politik anderes am ORF: Heimo Lepuschitz (BZÖ) etwa twitterte über Sonja Sagmeister mit Gasmaske in der ZiB. (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 30.6.12011)