Es beginnt mit einem Spielplatzstreit: "In einer besseren Welt"

Foto: Filmladen

Wien - Ein Vater bemüht sich, einen Spielplatzstreit zu schlichten: Noch während er herausfinden will, was zwischen seinem jüngeren Sohn und einem fremden Bub vorgefallen ist, kommt ein bulliger Kerl (der zweite Vater) dazu, beschimpft ihn und schlägt ihm ins Gesicht. Anstatt sich auf eine Handgreiflichkeit einzulassen, wählt der Mann, der Anton heißt, den vernünftigen Rückzug. Vor allem der Schulfreund seines älteren Sohnes, Christian, ist von Antons Handeln merkwürdig vor den Kopf gestoßen.

Nach seiner Überzeugung muss auf Gewalt mit Gewalt reagiert werden. Die Vorkommnisse, die zwei Familien in Dänemark erfassen, werden von jenen an einem anderen, fernen Schauplatz konterkariert: Anton (verkörpert von Mikael Persbrandt) ist Arzt. Seine Arbeit verrichtet er jedoch in einer improvisierten Krankenstation in einem afrikanischen Flüchtlingslager. Der Ort ist nicht näher bezeichnet, ein Bürgerkriegsgebiet, in dem Männerhorden schwangeren Frauen den Bauch aufschneiden, welche dann auf dem OP-Tisch von Anton landen.

Eines Tages bringt man ihm den Anführer mit einer schweren Verletzung. Anton hält sich an seine Verpflichtung als Arzt, aber die Dinge entwickeln sich so, dass er eine Entscheidung nach anderen Maßstäben fällen wird. In einer besseren Welt heißt der deutsche Titel von Susanne Biers 2011 mit einem Oscar prämiertem Filmdrama Hævnen. Die dänische Regisseurin setzt darin wieder auf große Themen. Es geht um die Frage, wie man als aufgeklärter, finanziell gut gestellter Westeuropäer Gewalt und Tod begegnet und wann und womit man sich schuldig macht.

Die gesellschaftlichen Institutionen - Lehrer, die nicht hinschauen; Polizisten, die mit Lügen arbeiten - haben ihren Anspruch auf Autorität offenkundig verwirkt. Und die Fragen sind natürlich ohnehin nicht einfach beantwortbar. So lange der Film sie als Problematik aufreißt und variiert, bleibt er interessant. Die Tendenz zur erzählerischen Geschlossenheit macht dann leider schnelle Lösungen notwendig. Anders gesagt: Die ersten zwanzig Minuten sind eindeutig gelungener als die letzten. (Isabella Reicher/ DER STANDARD, Printausgabe, 30.6.2011)