Die niederländische Regierung hat die Klaverbank samt ihrem Artenreichtum zwar als schützenswertes Natura-2000-Gebiet ausgewiesen, Fischen sei aber laut Greenpeace weiterhin erlaubt.

Foto: GP/Cris Toala Olivares

30 Steine will Greenpeace in der Nordsee versenken, um das Gebiet vor Überfischung zu schützen.

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Im Kampf gegen die Fischer ist auch der Kärntner Aktivist Manuel Marinelli mit dabei - siehe Interview.

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Auch mit Motorbooten wird gegen die Fischerboote vorgegangen.

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Klaverbank/Amsterdam – Das Flattern der Rotorblätter ist von weitem zu hören. Dazu mischt sich das Geräusch des Meerwassers, das – vom Wind meterhoch aufgepeitscht – lautstark gegen die Wand des Schiffs klatscht. Der Neuseeländer Philip Walter Lloyd freilich lässt sich an Deck durch nichts aus der Ruhe bringen. oNicht vom regelmäßigen Besuch des Helikopters der niederländischen Küstenwache, die die Aktivitäten auf dem Schiff von der Luft aus genau beobachtet. Nicht von den Wellen, die die MS Sleipner, ein 50 Meter langes ehemaliges norwegisches Kriegsschiff, ordentlich ins Wanken bringen.

Der 43-Jährige ist mit seinem Team dabei, riesige Steine, an denen meterhohe Seepferdchen-Statuen aus Holz gebunden sind, im Meer zu versenken. Rund 20 Personen an Bord arbeiten mit. Mitarbeiter auf zwei Greenpeace-Schlauchbooten – eines 30 Jahre alt, eines 21 Jahre alt und sehr oft geflickt – verfolgen die Aktion vom Wasser aus. Wenige Minuten später hat das hölzerne Seepferdchen seinen Bestimmungsort am Meeresgrund erreicht. Der Niederländer Theo De Winter, der die Aktion koordiniert, ist zufrieden.

"Jetzt ist dieses klitzekleine Stück Meer vor Grundschleppnetzen sicher", sagt der 49-Jährige. "Fischer werden sich davor hüten, hier ihre Netze auszuwerfen und sie selbst zu zerstören."

Seit einem Monat auf hoher See

De Winter ist seit 20 Jahren Aktivist der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Seit einem Monat schon lebt er mit 20 Mitstreitern aus zwölf Nationen auf hoher See, um gegen die Überfischung in der Nordsee zu protestieren. Als Taucher und Arbeiter an Deck ist auch der Kärntner Manuel Marinelli an Bord (siehe Interview).

In der Klaverbank, einem Meeresschutzgebiet in der Nordsee 160 Kilometer nordwestlich der niederländischen Stadt Den Helder, sollen 30 Steine samt Seepferdchen auf Grund gesetzt werden. Die Koordinaten der Steine werden den Fischern und der Küstenwache per Fax übermittelt.

Zwei Prozent geschützt

"Mit dieser Aktion werden zwei Prozent des niederländischen Nordseegebietes geschützt", sagt der Niederländer Tom Grijsen (39), der diese Greenpeace-Kampagne managt. Die Regierung habe die Klaverbank samt ihrem Artenreichtum zwar als schützenswertes Natura-2000-Gebiet ausgewiesen. "Fischen ist hier aber weiterhin erlaubt. Die Politik hat versagt."

So liege es an Greenpeace, mit einer höchst illegalen Aktion für die längst fällige Erholung von Fischbeständen zu sorgen. Die Klaverbank ist nur ein Beispiel, 88 Prozent der Speisefischbestände in europäischen Gewässern sind überfischt. Riesige Trawler müssen schon nach Westafrika ausweichen, um Einkommensverluste auszugleichen. Dabei wäre das Modell einfach: Fischbestände können sich in der Schutzzone erholen, überflüssige Population wandert aus und steht Fischern wieder zur Verfügung. Grijsen: "Aber so langfristig wollen Fischer nicht denken."

Keine Angst

So leben die Umweltschützer jeden Tag mit der Gefahr, die Wut der Fischer zu spüren zu bekommen oder von der Küstenwache hopsgenommen zu werden. Die Angst der Aktivisten hält sich in Grenzen, an Bord der Sleipner ist kaum jemand, der noch nie verhaftet wurde. Beim Abendessen nach getaner Arbeit werden dann Geschichten ausgetauscht: von Protesten gegen Erdölbohrungen in der Arktis, Kampagnen gegen den Walfang oder Erzählungen von Delfinen, die als unnötiger Beifang von Fischern tot wieder über Bord geworfen wurden.

"Diese Geschichten erzähle ich Freunden gar nicht mehr. Die würden nicht verstehen, warum ich mir das antue", sagt der Neuseeländer Lloyd. Seit 1996 war der Direktor einer Segelschule bei 24 Greenpeace-Einsätzen dabei. "Mein längster Einsatz in der Arktis dauerte 73 Tage. Bei Greenpeace weißt du nie, wann du gehst – und wann du nach Hause zurückkommst." (David Krutzler, DER STANDARD-Printausgabe, 27.6.2011)