München - Achtung auf das -y-: Anionen sind negativ geladene Ionen, Anyonen hingegen von der Quantenphysik postulierte Quasiteilchen, die bislang in der Natur noch nicht nachgewiesen werden konnten. Doch die Suche nach ihnen läuft.

Die Quantenphysik kennt zwei fundamentale Teilchensorten: Zu den Bosonen gehören etwa die Photonen, während zu den Fermionen unter anderem die Protonen und Neutronen des Atomkerns gezählt werden. Bosonen und Fermionen unterscheiden sich grundlegend in ihrem Verhalten. Das wird in der sogenannten Quantenstatistik festgehalten, die auch für die Identifizierung der Teilchen herangezogen wird. Seit den 1980er Jahren aber wird eine dritte fundamentale Teilchensorte postuliert: Die Anyonen lägen demnach genau zwischen Bosonen und Fermionen. "Sie wären so etwas wie ein fehlendes Bindeglied zwischen den beiden bisher bekannten fundamentalen Teilchensorten", sagt Tassilo Keilmann von der Ludwig-Maximilians-Universität München. 

Vorarbeit

Unter Keilmanns Leitung ist nun ein internationales Team der Frage nachgegangen, ob sich Anyonen in einem realistischen Experiment künstlich erzeugen lassen. Die - rein theoretisch arbeitenden - Physiker entwickelten das Design für ein Experiment, bei dem herkömmliche Atome in sogenannten optischen Gittern eingefangen werden. Nach den Berechnungen sollten die Wechselwirkungen der Atome dann so manipuliert werden können, dass tatsächlich Anyonen entstehen und nachgewiesen werden können. Während Bosonen und Fermionen dank ihres konstanten Verhaltens jeweils nur einen festgelegten Wert in der Quantenstatistik aufweisen, wäre die exotische Quantenstatistik der Anyonen frei einstellbar und würde zwischen den "Endpunkten" der Bosonen und Fermionen interpolieren.

"Diese neuen Quantenteilchen könnten sich im Lichtgitter bewegen", sagt Keilmann. "Noch bedeutender aber ist, dass sie und damit auch ihre Quantenstatistik während des Experiments kontinuierlich veränderbar wären." Denkbar wäre dann etwa auch, in einem Test Bosonen kontinuierlich in Anyonen zu verwandeln, bis diese am Ende zu reinen Fermionen werden. Eine solche Verwandlung käme einem neuartigen "statistisch induzierten Quantenphasenübergang" gleich, so dass die Teilchen etwa für den Bau von Quantencomputern genutzt werden könnten, die herkömmlichen Rechnern weit überlegen sind. "Wir haben den Weg zum ersten Nachweis der Anyonen eröffnet", sagt Keilmann. "Experimentalphysiker sollen dies nun mit Hilfe bereits laufender Experimente in die Tat umsetzen."  (red)