Solarzellen-Produktion am laufenden Band: Crystalsol will mit kostengünstiger Rolle-zu-Rolle-Fertigung die Preise für Fotovoltaik drücken.

Foto: Crystalsol

Die Module sollen sogar in Fenster integriert werden können.

Eine neue Generation von Fotovoltaik-Modulen soll sich in alle Arten von Endprodukten und Anwendungen leicht integrieren lassen, keine seltenen oder teuren Rohstoffe beinhalten, leicht und flexibel einsetzbar sein. Vor allem muss Sonnenenergie aber günstiger werden, um mit konventionellen Energieformen konkurrieren zu können.

Wolfgang Ressler, neben Thomas Badegruber Geschäftsführer von Crystalsol, glaubt, mit der Forschung seines in Wien und Tallinn in Estland beheimateten Unternehmens diese Anforderungen erfüllen zu können. Die neue Methode, um Sonnenlicht in Energie umzuwandeln, soll einen "deutlichen Kostensprung in der Größenordnung von 50 bis 60 Prozent im Vergleich zu den Herstellungskosten bei herkömmlichen Technologien" bringen, sagt Ressler. Und nicht nur Dächer, Fassaden oder Solarkraftwerke sollen mit den günstigen Solarzellen bestückt werden können, die Technik soll auch in einer semitransparenten Variante zwischen Glasplatten zum Einsatz kommen und somit Energie erzeugende Fenster möglich machen.

An solchen Aussichten fand auch die Jury des Wiener Zentrums für Innovation und Technologie (ZIT) Gefallen, die dem Unternehmen den ersten Preis des nun abgeschlossenen Calls für Green Innovation 2011 zusprach.

Kern der Neuentwicklung von Crystalsol ist ein kristallines Halbleiterpulver, das auf ein Trägermaterial aufgetragen wird. Jeder Partikel des auf Kupfer-Zink-Zinnsulfid sowie Selen basierenden Materials agiert als selbstständige Solarzelle. Prototypen in zwei verschiedenen Größen, die in diskontinuierlicher, sogenannter Batch-Produktion hergestellt wurden, sollen nun von der kontinuierlichen Produktion einer Rolle-zu-Rolle-Produktion abgelöst werden. Ähnlich wie in der Papierindustrie soll ein Band, das verschiedene Stationen mit Druck- und Laminierungsschritten durchläuft, zum fertigen Fotovoltaikfilm führen.

"Mitte 2012 soll die Rolle-zu-Rolle-Anlage fertig sein und in der zweiten Jahreshälfte zu ersten Testprodukten führen", erläutert Ressler. Die Rolle-zu-Rolle-Produktion ist der Schlüssel für die niedrigen Kosten. Das einfache Herstellungsprinzip erleichtert maßgeschneiderte Modulgrößen und -formen.

Für die erwähnten, durchsichtigen Module muss nur der Abstand zwischen den Partikeln verändert werden. Je größer der Abstand ist, um so transparenter werden die Energie erzeugenden Glaselemente. Damit sinkt auch die Effizienz. Laut Ressler gebe es schon bei geringer Reduktion der Partikeldichte gute Effekte bei der Transparenz. 2013 sollen erste Kunden mit der Fotovoltaikfolie beliefert werden, die in Gebäudeelemente integriert werden kann.

Sowjet-Forschung

Die Entwicklungen des 2009 gegründeten Unternehmens basieren auf Forschungen der Technischen Universität Tallinn. Hier wurde schon zur Zeit des Kalten Krieges im Auftrag des russischen Militärs an sogenannten "Monokorn-Membranen" geforscht. Dieter Meissner, der sich ebenfalls schon in den 1970ern mit der Technik beschäftigte und ab den 1990ern auch in Tallinn forschte, ist für die Forschung bei Crystasol verantwortlich.

Der seltene und teure Rohstoff Indium, der in früheren Forschungen in Tallinn verwendet wurde, konnte durch Zink und Zinn ersetzt werden. Als Ausgründung der Technischen Universität Tallinn verblieb die Weiterentwicklung des Halbleitermaterials und die Herstellung der Partikel von Crystasol in Tallinn, an den Fotovoltaikzellen und dem Produktionsprozess wird in Wien geforscht.

Der Wirkungsgrad der Neuentwicklung liegt noch unter der ersten, ausgereifteren Generation kristalliner, auf Silizium basierender Fotovoltaik-Module. Der Wirkungsgrad spielt dann eine große Rolle, wenn nur eine begrenzte Fläche für die Module zur Verfügung steht. Trotz noch geringerer Effizienz bleibt die Energiegewinnung durch Solarmodule aus Monokorn-Membranen laut Wolfgang Ressler aber dennoch bedeutend günstiger als bei herkömmlichen Fotovoltaikanlagen der ersten Generation. Ein weiteres Projekt, das im Rahmen des Calls Green Innovation des ZIT ausgezeichnet wurde, beschäftigt sich mit einer sich stetig anpassenden Straßenbeleuchtung, die auf eine Verminderung von Stromverbrauch und Lichtverschmutzung ausgerichtet ist.

Lampe erkennt Wetter

Aufgrund von Logarithmen zur Erkennung von Licht- und Wetterverhältnissen sowie der Verkehrsteilnehmer soll eine bedarfsgerechte, dezentrale Steuerung der öffentlichen Beleuchtung erreichen. Den Entwicklern von Illumination Network Systems wurde für die flexible Beleuchtung der zweite Preis zugesprochen.

Platz drei teilen sich ex aequo zwei Projekte: Das eine beschäftigt sich mit kostengünstiger Trinkwasserdesinfektion durch einfache Sonneneinstrahlung (Unternehmen Helioz Research and Development), das andere bietet Transportplanungslösungen für Klein- und Mittelunternehmen per Cloud Computing (Unternehmen C-S Cloud Simulation).

Insgesamt wurden durch den Call Green Innovation 2011 neun Projekte gefördert. Zwei davon stammen von Einzelpersonenunternehmen, sechs von Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten. Die Jury hat erstmals mehr als die Hälfte aller eingereichten Projekte zur Förderung empfohlen. Der Call richtete sich an Projekte, die eine effiziente und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen anstreben. (Alois Pumhösel/DER STANDARD, Printausgabe, 22.06.2011)