Alison Smale: Bei der "International Herald Tribune" wird es demnächst einen digitalen Sprung geben.

Foto: IHT

STANDARD: In Wien sprechen Sie über Frauen in der Wirtschaft. Wie geht's Frauen im Journalismus?

Smale: Weder besser noch schlechter als Männern. Journalismus selbst verändert sich seit einiger Zeit grundlegend. Frauen müssen so vif sein wie Männer.

STANDARD: Traf die Finanzkrise Journalstinnen gleich wie Journalisten?

Smale: Ich würde behaupten, beim Einstieg in den Journalismus sind Frauen heute so gut wie gleich gestellt. Die Frage ist, ob es ihnen möglich ist,  auch Karriere zu machen. Selbst innerhalb Europas gibt es keine einheitliche Regelung zur Kinderbetreuung. Es ist höchst erstaunlich, dass man das im frühen 21. Jahrhundert noch nicht gelöst hat für Mütter, die nicht halbtags arbeiten können.

STANDARD: Gibt's Machos unter Journalisten?

Smale: Machos gibt es auf der ganzen Welt. Journalisten sind meistens nicht die schüchternsten Menschen, und ich bin es auch nicht. Dann kann
es sein, dass ein Mann - und übrigens genau so eine Frau - auffällt und ein bisschen heavy wirkt. Ich könnte allerdings nicht behaupten, dass es
mehr Machos im Journalismus gibt als anderswo.

STANDARD: Eine Studie brachte schockierende Fakten zum Thema sexuelle Gewalt gegen Journalistinnen zutage. Kennen Sie Fälle?

Smale: Der berühmte Fall Lara Logan (CBS-Journalistin, die während Dreharbeiten auf dem Kairoer Tahrir-Platz von mehreren unbekannten Männern vergewaltigt wurde, Anm.) erfuhr man, wie oft Frauen diese Probleme haben. Für viele Frauen ist es schwierig, darüber zu sprechen, wenn sie danach ein normales Leben weiterführen möchten.

STANDARD: Jill Abramson ist seit kurzem Chefredakteurin der "New York Times". Kann man sagen: Wenn die Zeiten schwieriger werden, müssen
Frauen ran?

Smale: Das glaube ich nicht. Jill Abramson ist sicher ein Meilenstein in der Geschichte des Journalismus, aber das ist mehr eine Generationsfrage. Ich konnte mich vielseitig ausbilden, erstmals in relativ mobiler Gesellschaft. Seither hat sich durch die Digitalisierung vieles geändert. Der Kern des Journalismus allerdings nicht: Eine Geschichte zu erzählen, die wahr, richtig und klar sein soll. Und nicht nur das: Die Geschichte soll die Menschen auch berühren.

STANDARD: Welchen Mehrwert kann die Zeitung bieten?

Smale: Die Analyse, die weiter weg von den reinen Nachrichten geht. Jeder bekommt die Infos, die er haben möchte. Mein Mann und ich haben eine Datscha in Russland, wo wir uns ausruhen. Selbst dort arbeitet mein Blackberry.

STANDARD: Wann schalten Sie ihn aus?

Smale: Gar nicht. Im Urlaub schaue ich weniger, aber wie wir alle wissen, kannst du Mails entweder im Urlaub löschen, oder du musst diese  Mammutarbeit leisten, wenn du aus dem Urlaub zurückkommst.

STANDARD: Twitter oder Facebook?

Smale: Ich ziehe Twitter vor. Ich gebe aber zu, dass ich erst seit einigen Tagen regelmäßig twittere (@asmale_iht). Es wird demnächst bei der "International Herald Tribune" einen digitalen Sprung geben, und da ist Social Media ein Kernelement. (Doris Priesching/DER STANDARD/Printausgabe, 21.6.2011)