Der Autoverkäufer Dino (Kad Merad) entwickelt seine ganz eigenen Ramadan-Regeln.

Foto: Filmladen

Wien - Der islamische Fastenmonat Ramadan stellt eine schwierige Übung dar. Zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang sind eine Menge Dinge untersagt, und dann muss man morgens und abends auch noch die Uhr stellen, denn jeden Tag beginnt der Ramadan zu einem ein wenig anderen Zeitpunkt. Das Verzichten wird so zu einer Sache strikter Pünktlichkeit, und in einer modernen Gesellschaft sowieso fast zu einem Ding der Unmöglichkeit.

Diskretes Doppelleben

Diese Erfahrung macht jedenfalls Dino, ein lebenslustiger, charmanter Autoverkäufer in Marseille, der in der Komödie Fasten auf Italienisch von Olivier Baroux aus der heiteren Behaglichkeit eines diskreten Doppellebens gerissen wird. Denn Dino, gespielt von dem französischen Starkomiker Kad Merad, gibt sich als Italiener aus, stammt aber eigentlich - wie Merad auch - aus Algerien.

Während seine auch in Frankreich lebende Familie die Herkunftskultur hochhält, hat Mourad sich davon distanziert, allerdings um den Preis, dass er nun in eine Menge Lügen verstrickt ist. Als sein Vater überraschend erkrankt, spitzt sich die Sache zu: Er bittet Mourad, an seiner Stelle den Ramadan zu halten. Gegen die väterliche Autorität kann der Sohn wenig einwenden, und so gerät er in eine verzwickte Situation, die exzellentes Komödienmaterial ebenso enthält wie kulturelle Kalauer. Das beginnt schon dort, wo der Ramadan so richtig beginnt, Mourad aber noch in der Identität des Dino mit seiner Geliebten Hélène zugange ist, woraus sich ein Interruptus eigener Art ergibt.

Die prinzipielle Pointe von Fasten auf Italienisch (L'Italien) liegt darin, dass hier ein Mann mehr oder weniger vollständig in der (süd)französischen "Leitkultur" aufgegangen ist, und er nun von seiner verdrängten Herkunftskultur eingeholt wird. Erwartbarerweise geht es dabei darum, ob es möglich ist, beide Kulturen so weit zu differenzieren, dass Vermittlungen möglich werden - die Figur des Latin Lovers bekommt dabei eine wichtige Funktion. Aus dieser Konstellation erwächst für eine liberale Komödie wie Fasten auf Italienisch ein vertrautes Dilemma: Denn worüber können wir denn überhaupt sonst noch lachen, wenn nicht über jene kulturellen Differenzen, die in anderen Ländern längst blutiger Ernst sind, während moderne Gesellschaften an deren Aufhebung arbeiten?

Etwas von diesem Ernst versucht Baroux im zweiten Teil des Films denn auch einzuholen. Wir sehen einen Mann, der eben noch Islam für Dummies studiert hatte und sich nun plötzlich einer anspruchsvollen Weltreligion gegenüber sieht - und dann ganzen Vorurteilen, die dem Islam entgegengebracht werden. Unausweichlich geraten dabei Religion und Kultur mehrfach durcheinander, und irgendwann hat sich der Film eine ganze Menge Themen eingehandelt, aus denen nicht leicht wieder eine dramaturgische Spur hinausführt. So bleibt es letztlich Kad Merad überlassen, all das in seine persönliche Integrationspolitik zu überführen - er ist ein Star, der kulturelle Grenzen ohne Mühe transzendiert, und seinem Charisma ist es im Wesentlichen zu verdanken, dass Fasten auf Italienisch zwischen all den nationalen, religiösen, sexuellen Klischees nicht doch irgendwann völlig implodiert. (Bert Rebhandl, DER STANDARD/Printausgabe 21. Juni 2011)