Ried-Abu Dhabi und retour: FACC-Werkmeister schult auch Kollegen in den Emiraten.

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Ried/Wien - Flugzeugherstellern stehen gute Jahre ins Haus: Bis 2030 sollen Airlines 33.500 neue Jets kaufen, um der erwarteten Verdreifachung des Personen- und Cargoaufkommens zu entsprechen, sagt Boeing voraus. In Asien, aber auch in anderen Schwellenmärkten, wird überdurchschnittliches Wachstum erwartet. Und die neuen Flieger sollen vor allem auch den Kerosinverbrauch senken.

Joint-Venture-Spezialist

Optimale Rahmenbedingungen also für den heimischen Zulieferer FACC, dessen Know-how bei der Entwicklung und Produktion leichter Karbonfaserteile wachsende Nachfrage findet. Seit der Übernahme von 91,25 Prozent durch die chinesische AXC (Xi'an Aircraft Industry) Ende 2009 haben sich die Oberösterreicher zu einem Spezialisten für Joint Ventures mit Schwellenländern entwickelt. Seit einem Jahr betreibt FACC ein Werk in Abu Dhabi, das im Eigentum der Staatsholding Mubadala steht und für das FACC Management-Fees erzielt.

Dieses Modell wird jetzt bei zwei weiteren Joint Ventures umgesetzt, erklärte FACC-Chef Walter Stephan dem STANDARD. Mit der XAC-Mutter Avic, die das ambitionierte Projekt eines Konkurrenzprodukts für den Airbus A320 verfolgt, die C919, soll bis Ende 2012 nördlich von Schanghai ein Werk errichtet werden.

Mitarbeiter lernen Russisch

Eine Rahmenvereinbarung gebe es auch bereits für die Errichtung eines Betriebs in Russland mit russischen Investoren. Dort sollen Komponenten für den russischen Regionalflieger Suchoi Superjet 100 (SSJ100) gebaut werden. "Russland machte 2010 bereits rund fünf Prozent unseres Umsatzes von 272 Mio. Euro aus" , erklärt Stephan. Das ambitionierteste Projekt dabei ist die Entwicklung eines kompletten Flugzeugflügels aus Leichtbaustoffen in einem kompakten Produktionsprozess. Eine Fertigung in Russland könnte Anfang 2013 beginnen, "derzeit haben wir für zwei Jahre Aufträge aus Russland, danach müssen wir nach Russland gehen". Bereits jetzt gibt es bei FACC 50 Mitarbeiter, die Russisch sprechen.

Noch mit einem weiteren Land gibt es Gespräche über ein Joint Venture: Brasilien, wo der Hersteller Embraer (für den FACC bereits Komponenten baut) erfolgreich den internationalen Markt für Regionalflieger aufrollt.

"Firewalls" gegen Spionage

Stephan erweist sich dabei als Meister der Navigation eines komplexen Interessengemenges. Einerseits unterliegt der zivile Flugzeugbau aufgrund seiner auch militärisch verwertbaren Technologie strengen US- und EU-Exportbeschränkungen. Das bedeutet, dass Entwicklung und Know-how-intensive Fertigungen nicht nach China oder andere Länder ausgelagert werden können. Selbst der chinesische Eigentümer ist nicht Herr im eigenen Haus: Bestimmte Werksbereiche müssen mit "Firewalls" getrennt werden und sind Mitarbeitern des Eigentümer XAC nicht zugänglich, um Exportlizenzen zu entsprechen. Auch den unterschiedlichen Partnern von Abu Dhabi bis Russland muss FACC garantieren, dass deren geistiges Eigentum vor potenzieller Neugier des Besitzers geschützt bleibt.

Andererseits ist die Lieferung in diese Schwellenmärkte und die gemeinsame Produktion keine Einbahnstraße: China, Russland und Brasilien wollen nicht nur für die eigenen Märkte produzieren, sondern die in Entwicklung befindlichen Flugzeugtypen auch international verkaufen. "Wir machen für die Russen künftig auch die europäische Zulassung", beschreibt Stephan die Schlüsselrolle, die dem oberösterreichischen Hersteller dabei zukommt.

Am Standort Ried wirkt sich die Entwicklung mit 35 Mio. Euro Investitionen aus: Derzeit wird eine Testhalle und ein Entwicklungszentrum für 450 Ingenieure (davon werden 180 heuer neu angestellt) zweigeteilt, um den Exportauflagen zu entsprechen. (Helmut Spudich, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.6.2011)