Ausstellungsobjekt im Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbrüche: Der Geschlechtsakt zwischen Mann und Frau anatomisch festgehalten. Für lesbische Frauen ein Akt gegen ihre sexuelle Orientierung.

Foto: H. Corn

Christina und Daniela Bauer, eingetragene Partnerinnen, wollen gemeinsam ein Kind bekommen. Da sie lesbisch sind, ist es ihnen von Gesetzeswegen her aber verboten - es sei denn, eine von beiden entschließt sich - gegen ihre sexuelle Orientierung - Geschlechtsverkehr mit einem Mann zu haben. Mit Rechtsanwalt Helmut Graupner (Rechtskomitee Lambda) haben die beiden daher den Gerichtsweg bestritten und im März 2011 vom Obersten Gerichtshof (OGH) Recht erhalten: Der OGH beantragte beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Aufhebung des medizinisch unterstützten Fortpflanzungsverbots von Lesben (ob verpartnert oder nicht).

Mit der Einführung der Eingetragenen PartnerInnenschaft (EP) für homosexuelle Paare im vergangenen Jahr gab es auch Änderungen im sogenannten Fortpflanzungsmedizingesetz. Dort heißt es: "Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft von Personen verschiedenen Geschlechts zulässig." Bei Verstoß gegen dieses Gesetz drohen Lesben bis zu 36.000 Euro Geldstrafe oder bis zu zwei Wochen Haft.

Zustimmungsverweigerung wäre ungewöhnlich aber möglich

Die Bundesregierung hat Ende Mai durch eine Stellungnahme an den VfGH die Zurückweisung des Antrags des OGH gefordert. Nur ein/e MinisterIn hätte aber durch Zustimmungsverweigerung diesen Stellungnahme verhindern können. Schließlich ging diese Stellungnahme unterzeichnet von Werner Faymann, in der die Bundesregierung die Zurückweisung des Antrags des OGH fordert, an den VfGH. Julia Valsky, Pressesprecherin der Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, erklärt gegenüber dieStandard.at, dass die Regierung diese Stellungnahme abgeben muss, denn würde die Regierung gegen ihr eigenes Gesetz vorgehen - indem diese Stellungnahme etwa nicht eingebracht wird -, würde sich die Regierung ad absurdum führen.

"Das ist Unsinn", sagt dazu Helmut Graupner. "Schon mehrmals hat die Regierung keine Stellungnahme zu derartigen Verfahren eingebracht," schildert er gegenüber dieStandard.at. Wenn man die Stellungnahme der Regierung liest, so Graupner weiter, erkennt man welche juristischen Tricks hier hervorgeholt werden. Graupner ist von der SPÖ enttäuscht. Von der ÖVP, so der Anwalt, hat er sich nichts anderes erwartet. "Johanna Dohnal hätte sich hier quer gestellt. Sie hätte ihren Namen dafür nicht hergegeben. Das habe ich auch von Heinisch-Hosek erwartet," summiert der Homosexuellen-Aktivist seine Enttäuschung.

Warten auf das VfGH-Urteil...

Auf die Anmerkung, dass gerade Gabriele Heinisch-Hosek dafür prädestiniert wäre, hier ein Veto einzulegen, wurde die Sprecherin der Frauenministerin nicht müde zu betonen, dass "die persönliche Haltung der Ministerin in dieser Frage klar und bekannt ist, sie aber in einer Koalitionsregierung ist. Das heißt, sie muss Kompromisse eingehen. Sie wird sich weiterhin für Regenbogen-Familien stark machen: Adoptionsrecht für Stiefkinder und für Fremdkinder aber auch die medizinisch unterstützte Fortpflanzung von Lesben stehen auf den Agenden der Bundesministerin ganz oben." Wiewohl der Ministerin derzeit durch Koalitionsvereinbarung und Parteizwang nichts anderes bleibe, als auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu warten - zumal die Regierung noch nie gegen ein eigens initiiertes Gesetz selbst vorgegangen ist, betont Valsky. Eine Interviewanfrage beim Koalitionspartner ÖVP blieb unbeantwortet.

Graupner entgegnet, dass hierbei ersichtlich wird, dass dieses Thema weder der SPÖ noch der ÖVP wichtig ist. "Bei wirtschaftspolitischen Belangen wird nicht gezögert, auch keine Stellungnahmen beim VfGH abgeliefert," gibt er zu bedenken. "Wenn die SPÖ das nächste Mal sagt, dass etwas verfassungswidrig ist und geändert gehört, kann ich nur mehr lachen," übt sich Graupner in Zynismus.

Man stelle sich vor...

Da der VfGH nicht ständig tagt, ist mit einer Entscheidung - ob die medizinisch unterstützte Fortpflanzung lesbischer Frauen verfassungswidrig ist oder nicht - zwischen Oktober und Dezember dieses Jahres zu rechnen. Ein weiteres Verfahren schließt Graupner nicht aus - auch wenn er als Beschwerdeführer derzeit auf das Urteil auch nur warten kann. Da der VfGH parteipolitisch besetzt ist, kann er die Entscheidung nur schwer einschätzen. Dennoch hofft Graupner schon deshalb, weil er den OGH als konservativ sieht, auf eine positive Entscheidung des VfGH. Den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg will er nicht scheuen.

"Wenn wir eine Beschwerde in Straßburg einbringen, dann ist der VfGH unter Druck. Dann können sie nicht einfach sagen, dass das Fortpflanzungsverbot menschenrechtskonform ist," so Graupner. Der Rechtsanwalt stellt einen banalen Vergleich an, um darzustellen, wie "menschenverachtend dieses Gesetz" ist: "Man stelle sich vor, in einer heterosexuellen Beziehung ist der Mann unfruchtbar und die Regierung beschließt, seine Partnerin dürfe sich keiner medizinisch unterstützten Fortpflanzung unterziehen, sondern müsse bei einem Kinderwunsch mit einem anderen Mann Geschlechtsverkehr haben". (Sandra Ernst Kaiser, dieStandard.at, 16. Juni 2011)