Klagenfurt - Die Pleite der Hypo Alpe Adria-Bank im Dezember 2009 wäre die größte Bankenpleite in der Geschichte Europas gewesen. Das erklärte Ex-Finanzminister und Ex-ÖVP-Chef Josef Pröll am Mittwoch im Hypo-U-Ausschuss des Kärntner Landtages. Vor seiner Aussage erklärte Pröll, die damals drohende Insolvenz wäre "Lehman 2" gewesen. Aufgrund der Milliardenhaftungen des Landes Kärnten sei man bei den Verhandlungen im Dezember "mit dem Rücken zur Wand gestanden".

Druck der BayernLB

Es habe im Vorfeld der Notverstaatlichung wochenlang Druck der BayernLB auf das Land Kärnten gegeben, bei einer Kapitalerhöhung mitzumachen, offenbar aber ohne Erfolg. Er als Finanzminister habe stets erklärt, dass die Eigentümer, also die BayernLB, die GraWe und das Land Kärnten, für die Bank verantwortlich seien. "Ich wollte die Bank nicht kaufen." Er habe auch keine Eigentümerinteressen wahrzunehmen gehabt, nachdem die Republik keine Anteile an der Bank gehalten habe.

Der Wunsch nach Verstaatlichung sei erst wenige Tage vor der Realisierung dieses Schritts geäußert worden. Er sei in diese Gespräche gegangen "ohne ein einziges Ass im Ärmel" zu haben, und zwar wegen der "unvorstellbaren" Landeshaftung. Es habe keinen anderen Ausweg gegeben. Eine Pleite hätte bedeutet, dass die Sparer Geld verloren hätten, 6.000 Mitarbeiter ihren Job und das Budgetdefizit wäre um sieben Prozent gestiegen, dazu wären die Turbulenzen in Südosteuropa gekommen. Die Gesamtkosten hätten einen zweistelligen Milliardenbetrag erreicht. Daher sei die Verstaatlichung "alternativlos" gewesen, bestätigte Pröll auf eine entsprechende Frage von SPÖ-Mandatar Herwig Seiser. Hätten die Eigentümer sich dazu bekannt, die Bank selbst zu sanieren, hätte es diese dramatische Zuspitzung "Pleite, Ja oder Nein" nicht gegeben. "Die drei Eigentümer haben sich 2009 von der Verantwortung verabschiedet."

FPK-Abgeordneter Johann Gallo meinte dazu, Pröll schildere hier eine sehr dramatische Situation, es gebe aber auch noch "eine andere Sicht der Dinge bezüglich der Landeshaftung". Prölls Konter: "Das würde mich aber sehr interessieren."

Mutmaßliche Parteienfinanzierung

Pröll wurde auch gefragt, ob er etwas über die mehrfach unterstellte Parteienfinanzierung rund um die Hypo wisse. Seine Antwort: "Mir ist zu diesem Spektrum der Fragestellung persönlich nichts bekannt." Die Aufarbeitung der Hypo-Vergangenheit werde aber durch die CSI Hypo und die Justiz durchgeführt, wobei er sich als Minister nie eingemischt habe.

Gerüchte, wonach die großen österreichischen Banken Interesse gehabt hätten, sich die Filetstücke der Hypo unter den Nagel zu reißen, wies Pröll zurück: "Vergessen Sie das." Schon gar nicht habe es Interventionen oder versuchte Interventionen im Finanzministerium gegeben.

 

"Wir haben die Bank nicht gekauft, um damit Geld zu verdienen." Das erklärte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder am Mittwochnachmittag. Er hoffe aber darauf, dass sich am Ende eine "schwarze Null" für den Bund ergeben werde, hier seien Aufsichtsrat und Vorstand der Bank gefordert. Die Notverstaatlichung sei nicht zu vermeiden gewesen, die Alternative wäre ein Konkurs gewesen mit negativen Auswirkungen auf den Finanzplatz Österreich.

Dieser sei damals wegen der Osteuropa-Krise unter besonderer Beobachtung gestanden, eine Pleite hätte allen Banken massiv geschadet. Wie schon Pröll machte auch Schieder die hohe Landeshaftung geltend, die das Land Kärnten nicht und der Bund nur schwer verkraftet hätte. Es wäre ihm das Liebste gewesen, wenn alle Eigentümer ihre Verantwortung wahrgenommen und die Bank mit ausreichend Kapital ausgestattet hätten. Im Zuge der Verstaatlichung sei es wichtig für die Regierung gewesen, die Eigentümer möglichst stark in die Pflicht zu nehmen und die Kosten für den Bund zu minimieren.

Auf die Frage eines FPK-Abgeordneten, ob er anstelle der Bayerischen Landesbank die Hypo gekauft hätte, wollte Schieder nicht antworten. Erstens habe er sich mit dieser Frage nie auseinandergesetzt und zweitens sei dies nicht Untersuchungsgegenstand im Ausschuss.

Im Wesentlichen deckten sich die Aussagen Schieders mit jenen des ehemaligen Finanzministers. Auch er betonte, dass die Republik bei der Verstaatlichung nicht auf alle Regress-Ansprüche verzichtet, sondern im Falle von Irrtum, Täuschung und Ähnlichem sehr wohl Schadenersatz gefordert werden könnte.

Mario Canori als Zeuge

Nach Schieder war noch Ex-SK-Austria-Kärnten-Präsident Mario Canori als Zeuge geladen. Er war der letzte Zeuge vor der Sommerpause. Wie Ausschussvorsitzender und Grün-Mandatar Rolf Holub bekanntgab, werde über den Sommer ein Zwischenbericht erarbeitet. Im Oktober werde es dann noch vier Ausschuss-Sitzungen geben, danach zügig ein Schlussbericht erstellt.

Der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, hatte zu Beginn des Tages betont, die Republik Österreich sei bei den Verhandlungen um die Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria-Bank im Dezember 2009 nicht über den Tisch gezogen worden. Man habe zwar auf Gewährleistung verzichtet, nicht jedoch auf eine Anfechtung wegen Irrtums, Arglist, Täuschung und Ähnlichem. Dies habe den Anwalt der Bayern "nicht gefreut".

Peschorn verteidigte vor den Abgeordneten die Notverstaatlichung. Diese sei "zur Abwendung einer Gefährdung der Volkswirtschaft" erfolgt. Eine Insolvenz der Bank hätte die Landeshaftung schlagend werden lassen, dies hätte das Budgetdefizit "exorbitant erhöht", zudem wäre ein Lehman-Effekt für Südosteuropa eingetreten. "Da wäre unter Umständen das passiert, was wir jetzt ganz im Süden des Balkan erleben", meinte Peschorn.

"Spiel war eröffnet"

Als die BayernLB erklärt habe, das Ende der Fahnenstange bei der Hypo sei erreicht und man werde kein weiteres Geld mehr in die Tochter pumpen, sei das Spiel eröffnet worden "mit einem Eigentümer, der nicht mehr will und seine Verantwortung nicht mehr wahrnimmt und der Republik, die das Ganze im Auge haben muss". Niemand habe die Bank kaufen wollen, es sei aber auch um die Spareinlagen gegangen. Peschorn verwies auf die Pleite der Grazer Bank für Handel und Industrie 1995, die Causa sei bis heute nicht abgeschlossen.

Auf die Frage von FPK-Mandatar Johann Gallo, ob die damalige Eigentümerin BayernLB und der Freistaat Bayern nicht in erster Linie für die Haftungen geradestehen müssten, meinte Peschorn, ein Eigentümer einer Bank, wenn er Aktionär ist, habe einen Stimmrechtsanspruch und einen Beteiligungsanspruch auf Gewinn und Verlust. "Wenn das Kapital aufgebraucht ist, dann ist das Eigentum entwertet und das war's." Natürlich habe man sich bemüht, alle rechtlichen Möglichkeiten gegenüber der Eigentümerin BayernLB auszuschöpfen.

Man habe natürlich auch die Verhängung der Geschäftsaufsicht in Betracht gezogen, ein Staatskommissär sei am 14. Dezember bereits am Weg nach Kärnten gewesen, "er ist quasi bereits vor der Tür gestanden", so Peschorn. Dieser Variante seien aber die Landeshaftungen im Wege gestanden. Diese seien auch der Grund dafür gewesen, dass das Land zur Rettung der Hypo 200 Mio. Euro leisten habe müssen und die GraWe lediglich 20 Mio. Euro. (APA)