Kein Jahr des Drachens. Die Danube Dragons waren am Tivoli erneut chancenlos und verabschiedeten sich mit einem 0:29 von der Saison 2011.

Foto: Schellhorn

Vikings in Wien dabei. In einer spannenden und phasenweise hochklassigen Partie zogen die Raiffeisen Vikings Sonntags mit 19:14 an den Graz Giants vorbei in die Austrian Bowl XXVII. Wieder einmal verloren die Grazer knapp, aber doch.

Foto: Herbert Kratky

Pokalenthüllung in der Hofburg. Die Euro Bowl, designed von Swarovski, wurde heute (Dienstag) im Gardesaal der Innsbrucker Hofburg enthüllt. Mit dabei Raiders Runningback Florian Grein, sein Head Coach Shuan Fatah, General Manager Daniel Dieplinger, Präsidentin Elisabeth Swarovski, Turnierdirektor Uwe Talke, Berlin Coach Wanja Müller und Adler Runningback Tory Cooper.

Foto: Schellhorn

Die Raiderettes werden am Samstag dem Publikum in Innsbruck einheizen.

Foto: Oakland Raiders

Oakland Raiders Legende und Super Bowl Champion Willie Brown wird seine erste Euro Bowl sehen.

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Und es ist dann doch ein Wiener Finale mit Wiener Beteiligung geworden.

"Was bitte soll das???" fragte sich User »kugelmugel« in einem Posting zum letzten Beitrag und meinte damit: "Wien ist NICHT der nabel der welt geschweige von österreich!!", wofür es ebenso viele rote wie grüne Striche gab.

Damit gemeint war von meiner Seite allerdings alleine ein möglicher finaler Umstand Graz gegen Innsbruck im Wiener Prater Stadion, so der Austragungsort niemanden viel bringt und wenig bewegt hätte. Es wäre auch eine Austrian Bowl Wien gegen Wien am Tivoli für den Veranstalter (wie auch für die Teilnehmer selbst!) kein wünschenswertes Szenario. Ich habe also nicht „dramatisiert, dass wieder einmal kein Wiener Verein im Finale steht." (»huko P«), was nun doch nicht der Fall ist, sondern ein schon im Vorfeld heftig spukendes Gespenst an die Wand gemalt, welches durch die „Ghostbuster" Vikings gerade noch so vertrieben wurde.

Auch ist es kein Zeugnis von „Größenwahn" (wieder »kugelmugel«), dass der Verband das Happel als Austragungsort der Austrian Bowl ausgesucht hat, sondern eines der Vernunft. Wie auch schon die UPC Arena und das Tivoli, wird auch das Prater Stadion vor der WM noch einem Test unterzogen. Wo ist der Lichtschalter? Welche Farbmischung verträgt das Grün? Sind die VIP-Brötchen auch bissfest? Es ist allen, auch dem AFBÖ, vollkommen klar, dass dieses Stadion für eine AB zu groß ist, nur darum geht es nicht. Für die WM sind bislang im Vorverkauf 18.000 Tickets abgesetzt worden, 9.000 für den Finaltag. Am 16. Juli wird demnach deutlich mehr als für den heimischen Football üblich los sein.

Nabelfrage

Ein klein wenig muss ich dann der „Wien-ist-nicht-Nabel"-Theorie doch widersprechen, zumindest was den Footballsport betrifft. Abgesehen von einer deutlichen Überzahl an zahlungswilligen und sehr mobilen Anhängern, die es andernorts in der Form dann leider doch nicht gibt, sind Austrian Bowls ohne Wiener Beteiligung gar rar. 2008 spielten die Giants und Raiders in Wolfsberg, davor gab es 1993 ein Endspiel ohne einer Equipe aus der Bundeshauptstadt. Wobei ich den Klosterneuburg Mercenaries (heute Danube Dragons), mit einem Zweit-Vereinssitz und Trainingszentrum in Wien, nonchalant die niederösterreichische Landesbürgerschaft abspreche. Man dividiere dann noch die Niederösterreicher am Roster durch den Gesamtkader - mit dem Ergebnis kommt man durch jeden Alko-Test.

Meister werden und bleiben

Die Danube Dragons holten sich 2010, gerade recht zu ihrem 25-jährtigen Jubiläum, die erste Austrian Bowl. Nicht wenige sahen das „Jahrzehnt der Drachen" (ge)kommen. Eine Dynastie, wie eine denen die Giants und Vikings schon mal vorgestanden sind. Doch daraus wurde vorerst nichts. Ist Meister werden schon eine schwierige Sache in Österreich, so ist Meister bleiben noch viel schwieriger.

Die Dragons absolvierten heuer nur neun Spiele, verloren davon fünf und schlugen mit Prag (2), Kärnten und Salzburg lediglich die kleinen Fische im Teich. Gegen die Raiders (2), Vikings, Giants und Adler (GER) gab es heuer nichts zu holen. Die letzten drei Spiele in der Bundesliga verloren sie zu Null und kassierten dabei satte 99 Punkte. Die letzten 29 im Halbfinale am Tivoli, wo das Team von Cheftrainer Ivan Zivko zwar nochmal alles versuchte, um eine verkorkste Saison zu retten, an den Klassenbesseren Raiders aber verzweifelte. Trotz des Ausfalls von Runningback Andrej Kliman konnten die Wiener ein vernünftiges Laufspiel etablieren (121 Yards), dafür drehte die Tiroler Defense das Passspiel der Gäste fast zur Gänze ab.

Quarterback Thomas Haider warf acht Pässe (von 19) komplett für 70 Yards und wurde dabei einmal gepickt. Das war in Summe dann zu wenig für Punkte. Auf der anderen Seite tat Spielmacher Kyle Callahan dem Gegner den Gefallen einer Interception nicht, blieb zum ersten Mal in der Saison bei neun von 16 für 230 Yards und einen 74-Yards-Touchdown-Pass auf Jakob Dieplinger fehlerfrei. Dazu lief er noch für 50 Yards und einen weiteren TD. Die restlichen Scores machten Florian Grein, Talib Wise und der Fußballer im Dress der Tiroler Footballer, Christian Kellner. Sein Fieldgoal aus 34 Yards besiegelte das 29:0 und den achten Einzug der Raiders in die Austrian Bowl, die sie 2004 und 2006 - jeweils gegen die Vikings - gewinnen konnten.

AFL Halbfinale:
Swarco Raiders Tirol vs. Danube Dragons 29:0
(12:0/7:0/7:0/3:0)
»Spielstatistiken«

Dein alter Bekannter, Onkel Pick

Wie die deutliche Niederlage der Dragons am Tivoli einem bekannt vorkommen mag, passierte auch auf der Hohen Warte durchaus Vertrautes. Zwar mussten die Giants beim zweiten Semifinale gegen die Vikings dieses mal nicht die fast schon gewohnt „schwere Bürde" einer hohen Pausenführung tragen - sie lagen nach zwei Viertel sogar mit 7:13 im Rückstand - aber sie taten das, was die letzten Jahre in Semifinalspielen gerne tun: Knapp und auf grandiose Art- und Weise scheitern. In den vergangen vier Jahren standen die Grazer in acht Halbfinalspielen, gewannen davon nur zwei und verloren fünf der sechs mit nur neun Punkten. Dazu ein Endspiel im eigenen Stadion, welches sie mit drei Punkten an damals derangierte Vikings abgaben. Eine „Kunst", die sonst kein Team in Österreich beherrscht.

Beim Spielstand von 14:19 und 1:24 noch zu spielen kamen die Giants zum letzten Mal in Ballbesitz und hatten die Chance die Partie mit einem Touchdown für sich zu entscheiden. Doch statt des erhofften Finaleinzugs kam ein alter Bekannter zu Besuch: Uncle Pick. Chris Gunn warf eine entscheidende Interception auf Chauncey Calhoun, den die Vikings an dem Tag nicht nur als Quarterback und Wide Receiver in ihrer Offense und Returner in ihren Special Teams, sondern auch als Defensive Back in ihrer Verteidigung einsetzten. 2010 schon entschied ein Pick von Gunn (es war seine einzige in der AFL-Saison!) das Halbfinale - damals zu Gunsten der Swarco Raiders.

Mit dem knappen 19:14 sicherten sich die Vikings ihren 18. Einzug in die Austrian Bowl, die sie bisher zehn Mal gewinnen konnten. Ein elfter Sieg am 23. Juni und die Wiener sind wieder alleiniger Rekordmeister, denn auch Graz hat bisher zehn Titel eingefahren.

AFL Halbfinale:
Raiffeisen Vikings vs. Graz Giants 19:14
(0:7/13:0/6:0/0:7)
»Spielstatistiken«

Berlin zu Gast bei alten Bekannten

Vor dem großen Finale am übernächsten Donnerstag treten die Raiders am kommenden Samstag noch im Endspiel der European Football League (Euro Bowl) an. Gegen den regierenden Champion Berlin Adler, den ehemaligen Klub ihrer Coaches Shuan Fatah und Lee Rowland, so wie ihrer Schlüsselspieler Talib Wise, Kyle Callahan und Kicker Dennis Wiehberg. Der Deutsche kickte die Raiders mit zwei Fieldgoals im Schlussabschnitt gegen die Vikings mit 13:10 ins Finale. Ein Wiedersehen gibt es auch mit Tory Cooper, der im Vorjahr noch für die Raiders spielte.

Die Raiders sind nicht nur wegen des Heimvorteils der Favorit. Berlin verlor drei seiner bisherigen sieben Saisonspiele in der deutschen Liga. Gegen Kiel auswärts und zu Hause gegen Schwäbisch Hall und Düsseldorf. Dazu taten sie sich in der Euro Bowl bislang schwer. Gegen die Dragons gewannen sie 35:25, im Halbfinale drehten sie ein 0:21 zur Pause gegen Graz noch in einen 32:30-Erfolg um. Beide Male im eigenen Stadion. Apropos eigenes Stadion. Die Raiders genießen nun seit über vier Jahren durchgehend Heimrecht in der European Football League. Das letzte Auswärtsspiel mussten die Tiroler am 17. April 2007 in Valencia bestreiten. Seither vergab der europäische Verband EFAF das Heimrecht aller Spiele der Raiders auch an sie. Nach erneutem Zuspruch des Finales und der fixen Qualifikation für das Viertelfinale 2012 inklusive Heimrecht, werden die Tiroler frühestens zum Halbfinale 2012 auswärts antreten müssen. Dann werden sie international über fünf Jahre keinen fremden Rasen mehr zu Gesicht bekommen haben.

Trotz der recht deutlichen Ausgangslage rechnen die Raiders mit einem Zuschauerrekord und zum ersten Mal möchte man was Zuschauerzahlen betrifft fünfstellig werden. Dazu beitragen sollen die »Raiderettes«, Cheerleader der Oakland Raiders (NFL), so wie Super Bowl XI-Gewinner und „Hall Of Famer" Willie Brown, die sich als Gäste angesagt haben.

Euro Bowl XXV
Swarco Raiders Tirol vs. Berlin Adler (GER)
18. Juni 2011 20:30, Tivoli Innsbruck
Live auf ORF Sport Plus (20:25) und raidersTV