Ein Teil des Hadrianstempels in Ephesos musste kürzlich restauriert werden, die Eisenverstrebungen begannen zu rosten.

Foto: Gail/ÖAI

Der römische Senator Celsus ließ sich in Ephesos eine Bibliothek bauen. Sie ist heute eine Hauptattraktion für Touristen.

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Auf einem Hügel vor der Metropole wird nach Spuren des Neolithikums gesucht.

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Wenn Korrosionen in den Säulen der antiken Ruinenstadt Ephesos auftreten, läuten bei den Archäologen die Alarmglocken. Dann hat sich der Kleber gelöst, der zwischen 1950 und 1970 für die teilweise Wiedererrichtung der Bauten aus Bruchstücken verwendet wurde, gelöst und das zur Verstärkung verwendete Eisen hat zu rosten begonnen.

Der weltberühmte Hadrians-tempel in der Kuretenstraße, einer der Hauptstraßen in Ephesos, musste deshalb kürzlich restauriert werden. "Das war schon dramatisch gefährlich. Es geht da nicht nur um die Erhaltung des Fundes, sondern auch um die Sicherheit der Touristen" , wie Sabine Ladstätter, Grabungsleiterin in Ephesos und Direktorin des Österreichischen Archäologischen Instituts (ÖAI), erzählt. Immerhin zwei Millionen Urlauber stürmen jährlich die "Ruinenstadt" in der heutigen Türkei, und trotz dieser Belastung, der die Kulturstätte ausgesetzt ist, bleibt sie für Ladstätter ein Glücksfall der Archäologie, "weil sie im Gegensatz zu anderen antiken Fundorten nie modern überbaut wurde" .

Deshalb können die Archäologen hier auch großflächige Begebenheiten analysieren und zum Beispiel zeigen, wie ähnlich Verkehrssysteme in der Antike jenen von heute waren: In Ephesos gab es, sagt Ladstätter, bereits Einbahnregelungen und Straßenbeleuchtungen. Die einzige Verbindung vom Hafen in die Stadt sei durch rutschigen Marmor unbefahrbar für schwere Transporte und zu einer Fußgängerzone gemacht worden. Stark beladene Fahrzeuge mussten eine Umfahrungsstraße nehmen.

Spuren des Neolithikums

Neben dem antiken Stadtverkehr haben die Archäologen aber auch Spuren einer Epoche vor der ephesischen Blütezeit freigelegt. Barbara Horejs arbeitet mit den Mitteln eines Starting Grants des European Research Council (ERC) am Hügel Çukuriçi Höyük. Er liegt rund einen Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Hier hat die Prähistorikerin als Erste Spuren des Neolithikums in Westanatolien entdeckt.

Sie rechnet nach Voruntersuchungen nun mit Siedlungsresten, die auf etwa 6600 Jahre vor Christus zu datieren wären. An einer anderen Stelle erwartet sie Spuren aus dem 4. Jahrtausend vor Christus. Am Ende will sie einer Antwort einer lange Zeit offenen Frage näherkommen: Auf welchen Wegen hat sich der gesellschaftliche Wandel vom Jäger und Sammler zum sesshaften Bauern vollzogen.

Ladstätter hat in einer Pressekonferenz mit Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle von diesen und anderen Schwerpunkten der eben erst begonnenen neuen Grabungssaison berichtet: Man wolle nun auch klären, wieso neben dem Artemision bisher kaum Heiligtümer in Ephesos bekannt sind. Zu diesem Zweck graben die Archäologen nun auch nach einem Theater, in dem Stücke zu Ehren dieser Gottheit aufgeführt wurden. Dem Kaiserkult wurde in Ephesos jedenfalls ausgiebig gefrönt: Neben dem Tempel des Hadrian weiß man heute auch vom Domitiantempel, der einst möglicherweise von den Christen zerstört wurde, wie Ladstätter erzählt. Aber auch das gilt es nun zu erforschen.

Das Geld für all diese Vorhaben kommt unter anderem vom Wissenschaftsministerium, das dem ÖAI bis 2014 jährlich ein Budget von 3,2 Millionen Euro inklusive Personalkosten zur Verfügung stellt. Damit werden aber auch Grabungen der Zweigstellen in Ägypten und Griechenland finanziert. Private Gelder kommen von der Gesellschaft der Freunde von Ephesos und seit vergangenem Jahr auch von der Ephesos Foundation, in deren Zentrum der türkische Großindustrielle und Kunstliebhaber Ahmet Kocabiyik, Kopf des Stahl, Energie- und Telekommunikationskonzerns Borusan Group, steht. Beide machen ihre Mittel für einzelne Projekte, hauptsächlich für Restaurierungen, flüssig. In dieser Woche ist ein dritter Sponsor hinzugekommen: die American Society of Ephesus. (Peter Illetschko/DER STANDARD, Printausgabe, 15.06.2011)