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Im Moment ist die Aktivität unseres Zentralgestirns im Ansteigen begriffen. Doch das bevorstehende Maximum der Sonne und ihrer Flecken könnte das letzte für Jahrzehnte sein.

Foto: REUTERS/NASA

"Das ist höchst ungewöhnlich und unerwartet" , sagt Frank Hill. "Aber die Tatsache, dass drei völlig unterschiedliche Analysen der Sonne in die gleiche Richtung deuten, deutet darauf hin, dass der Sonnenfleckenzyklus in einen Ruhezustand treten könnte." Der US-amerikanische Astronom ist Hauptautor eines Artikels, der - so wie zwei andere, die gestern präsentiert wurden - ein überraschendes Nachlassen der Sonnenaktivitäten in den nächsten Jahrzehnten prognostiziert.

Die Sonne ist nicht immer gleich: Im Zeitraum von rund elf Jahren verändert sich ihre Aktivität, was sich auch an den Sonnenflecken ablesen lässt: Während des Minimums eines solchen Zyklus sind oft monatelang keine Flecken zu sehen, im Maximum jedoch hunderte. Zurzeit halten wir in Zyklus 24, der im Jänner 2008 begann und im Mai 2013 sein Maximum erreichen soll.

Dass im Moment die Aktivitäten ansteigen, zeigte sich erst letzte Woche, als eine heftige Sonneneruption stattfand, die allerdings nur schwache Auswirkungen auf die Erde hatte. Doch die Irritationen der Forscher beziehen sich weniger auf den aktuellen Zyklus 24 als auf den nächsten.

Im Sonneninneren, an der Oberfläche wie auch an der Korona, der äußeren Schicht der Atmosphäre der Sonne, wurden nämlich Anzeichen entdeckt, dass der Sonnenfleckenzyklus 25, der eigentlich im Jahr 2019 beginnen sollte, sich verzögern, sehr schwach oder ganz ausfallen wird, wie Astronomen am Dienstag auf der Jahrestagung der Solar Physics Division der American Astronomical Society in Las Cruces (New Mexico) berichteten.

Für eine der drei Studien sammelten die Astronomen Matt Penn und David Livingstone Daten über die Stärke der Sonnenflecken, deren Magnetismus üblicherweise 2500 bis 3500 Gauss stark ist. (Zum Vergleich: Der Magnetismus an der Erdoberfläche beträgt nicht einmal ein Gauss.) Penn und Livingston fanden heraus, dass die Feldstärke im Zyklus 23 (1996 bis 2007) und im Zyklus 24 bis jetzt um 50 Gauss jährlich abnahm.

Wenn sich dieser Trend fortsetzen sollte, dann wird die Feldstärke der Sonnenflecken auf unter 1500 Gauss sinken. Das freilich ist die Schwelle, die erreicht werden muss, dass es überhaupt zur Bildung von Sonnenflecken kommt.

Ein zweiter Hinweis, dass sich der Beginn des Sonnenfleckenzyklus 25 um zwei oder drei Jahre auf 2021 oder 2022 nach hinten verschieben oder eben gar nicht stattfinden könnte, ist das Ausbleiben einer Verschiebung des "Winds" innerhalb der Sonne von Ost nach West. Diese Bewegung sollte gerade jetzt stattfinden, damit der Zyklus 25 im Jahr 2019 beginnt. Aber noch gibt es im Inneren der Sonne keinerlei Hinweis darauf.

Für weitere Irritationen sorgt schließlich, dass sich die Korona anders verhält als sonst und weniger Bewegung in Richtung der Pole zeigt. Das könnte darauf hindeuten, dass schon das für 2013 erwartete Sonnenfleckenmaximum sehr schwach ausfällt.

"Falls wir recht haben" , so Hill, "so könnte dieses Maximum das letzte für ein paar Jahrzehnte sein." Und das wiederum würde einige Folgen haben - für die Erforschung des Weltraums ebenso wie für das Erdklima. Konkret könnten wir wieder in ein sogenanntes Maunderminimum eintreten. Eine solche Periode mit stark verringerten Sonnenfleckenaktivitäten gab es bereits einmal zwischen 1645 und 1715. Diese Jahre fielen mit den frostigsten Jahren der Kleinen Eiszeit zusammen, während der in Europa, Nordamerika und China viele sehr kalte Winter auftraten. (tasch/DER STANDARD, Printausgabe, 15.06.2011)